Der Regenwald auf unserem Teller

Seit Wochen blickt die Welt auf den brennenden Amazonas-Regenwald. Es ist das Ergebnis außer Kontrolle geratener Brandrodungen zur Schaffung von Weideland und Anbauflächen für genmanipuliertes Soja. Auch in österreichischen Trögen landet massenhaft dieses Kraftfutter – und heizt damit die Brandrodungen weiter an. Obwohl eine überwältigende Mehrheit den Konsum von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ablehnt und den Ausschluss von Gen-Soja in AMA-Gütesiegel-Produkten verlangt, bleibt die Politik bislang tatenlos.

„Der Kreislauf der Zerstörung beginnt beim billigen Futter für die Herstellung von billigem Fleisch. Dieses wird in Rabatt-Schlachten zum Dumping-Preis als Lockmittel eingesetzt und landet viel zu oft unverkauft oder unverbraucht im Müll. Vernichtete Natur, gequälte Tiere, geschädigtes Klima, alles nur für den Profit der Konzerne. Tiere und Natur leiden und das Bauernsterben schreitet voran, nur weil die Industrie sich gegen echte Transparenz sträubt. Die Konsumenten können angeblich frei entscheiden – doch solange wir keine verpflichtende Kennzeichnung nach Herkunft & Tierwohl bei Lebensmitteln haben, solange wird die Täuschung regieren. Machen wir der Intransparenz endlich ein Ende“ so Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens.

„Auf unseren Tellern landet nicht nur viel zu oft die unerkannte Tierqual, sondern auch der brandgerodete Regenwald. Niemand käme auf die Idee, dass das AMA-Gütesiegel für Produkte verliehen wird, die mit genmanipuliertem Soja aus dem Regenwald erzeugt wurden. Doch das ist leider der Fall. Die Bevölkerung verlangt ein Ende der unfreiwilligen Mittäterschaft an der Zerstörung des globalen Ökosystems. Die Umstellung auf gentechnikfreie Futtermittel aus Europa wäre schon jetzt möglich. Es ist die Aufgabe der Politik nun rasch die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Übernehmen Sie endlich Verantwortung!“ appelliert Sebastian Bohrn Mena an alle Parlamentsparteien, noch vor der Neuwahl das AMA-Gesetz zu ändern.

Das Tierschutzvolksbegehren fordert die Kennzeichnung von Lebensmitteln nach Herkunft & Tierwohl in Gastronomie und öffentlichen Küchen und hat gemeinsam mit Josef Zotter, „Die BiowirtInnen“ und zahlreichen Landwirten die Kampagne „Wissen, was wir essen“ gestartet.

Prämien statt automatischer Förderungen
Statement von Sarah Wiener

„In der Europäischen Union ist Mut gefragt, große Reformen anzugehen. Es braucht eine Lebensmittelwende. Denn das, was derzeit mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen gemacht wird, ist eine Verelendung und keine Veredelung. Wir müssen unser gesamtes System, wie wir mit der Natur, den Tiere und auch den Menschen umgehen, von Grund auf erneuern. Denn so wie wir im Moment wirtschaften, schaden wir allen. Konkret bedeutet das: Schluss mit den Flächenförderungen. Weniger Gift. Tierleid nicht mehr für reine Gewinnmaximierung in Kauf nehmen.
Denn gerade unsere Mitlebewesen quälen wir für den Profit. Wir pferchen Tiere in Transporter und fahren sie stunden- und tagelang quer durch Europa. Wir kastrieren Ferkel ohne Betäubung. Wir drücken Hühnern die Schnäbel gegen eine heiße Platte, damit sie sich nicht auf dem engen Raum, in den wir sie pferchen, gegenseitig kannibalisieren. Wir schneiden Kühen die Hörner ab und nehmen ihnen damit die Möglichkeit zu kommunizieren. Jetzt ist der Moment, zu sagen, dass wir es satt haben. Wir müssen uns auf europäischer Ebene vernetzen und diesen Wahnsinn beenden.
Landwirtschaftliche Strukturen und Nutztierhaltung müssen wieder kleinräumiger, wesensgerechter und ökologischer werden. Wir könnten die Förderungen umschichten für eine Landwirtschaft, die die Biodiversität und das Tierwohl stärkt. Und das wird nur funktionieren, wenn es belohnt, bzw. wieder gerecht entlohnt wird. Daher gehört biologische Landwirtschaft viel mehr subventioniert. Es sollte Prämien geben, wenn Bäuerinnen und Bauern oder Landwirtschaftskooperativen Gutes für Tier und Natur machen. Denn nur dadurch wird eine Landwirtschaft gefördert, die eine gute Zukunft für alle sicherstellt. Nachhaltigkeit muss belohnt werden. Die Zukunft muss ökologisch sein, oder sie wird gar nicht sein.“

Agrarwende jetzt – regional, ökologisch und gemeinsam mit den KonsumentInnen
Statement von Irmi Salzer

„Viele österreichische Bäuerinnen und Bauern wissen nicht mehr, wie es weiter gehen soll. Die derzeitige Agrarpolitik bevorzugt große Betriebe, Monokulturen und industrielle Tierhaltung. Niedrige Produktpreise, die Klimakrise, Schädlinge, die Abhängigkeit von Supermärkten und Lebensmittelindustrie, Handelsabkommen wie Mercosur – der Druck ist groß und jeden Tag werfen einige von ihnen das Handtuch. Das sogenannte „Wachsen oder Weichen“, der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist aber kein Naturgesetz, sondern wird durch die österreichische und europäische Agrarpolitik, deren oberstes Ziel der Export ist, beschleunigt.
Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, die Lebensmittelerzeugung der Zukunft fair, nachhaltig und ökologisch zu gestalten. Es ist nämlich nicht egal, wer wie und unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel erzeugt, sondern entscheidend für unsere Gesundheit, das Klima, das Tierwohl und die Umwelt. Bäuerinnen & Bauern haben ein Recht auf ein angemessenes Einkommen, genauso, wie KonsumentInnen ein Recht auf qualitätsvolle, gesunde Lebensmittel haben. Mit der Agrarwende fördern wir alle Betriebe, die nachhaltig wirtschaften und ihre Tiere gut behandeln. Diejenigen, die es noch nicht tun, werden beim Umstieg unterstützt. Allerdings gibt es keine Steuergelder mehr für umweltschädliche Intensivtierhaltung, tierquälerische Praktiken, Zerstörung der Biodiversität und der Böden und klimaschädliche Produktionsweisen. Die Handelspolitik der EU muss ebenso vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Ziel muss sein, fairen Handel zu gewährleisten und möglichst hohe Lebensmittel- und Landwirtschaftsstandards global durchzusetzen. Produkte, die nicht europäischen Umwelt-, Tierschutz- und Arbeitsstandards entsprechen, dürfen nicht mehr importiert werden. Deshalb NEIN zu Mercosur.

Teil der Agrarwende ist auch eine möglichst gute Kooperation zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen. Deswegen unterstützen wir die Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens. Die Kennzeichnung der Herkunft und der Haltungsbedingungen bei tierischen Produkten unterstützt Bäuerinnen und Bauern, die nachhaltig und tierwohlgerecht wirtschaften. Wenn das AMA-Gütesiegel endlich nur mehr europäisches Soja erlaubt, fördert das den Sojaanbau in der EU und reduziert die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Import aus Übersee – eine Win-win-Situation für die KonsumentInnen, die Bäuerinnen und Bauern, die Indigenen in Brasilien, den Regenwald und letztendlich damit für uns alle.“

 

Fleisch & Soja – Ausgewählte Fakten und Zahlen

Die weltweite Soja-Produktion ist seit den 1960er-Jahren um das 20-fache gestiegen und beträgt aktuell über 350 Millionen Tonnen. Es wird mittlerweile fast ausschließlich gentechnisch verändertes Soja produziert. Über 80% der weltweiten Soja-Ernte landet als Tierfutter in den Trögen, v.a. in der Schweine- und Geflügelmast. (Donau-Soja)

Österreich ist europäischer Spitzenreiter bei der Produktion & Verarbeitung von gentechnikfreiem Lebensmittelsoja, 50% der Ernte geht in die Lebensmittelproduktion. Auf 2% der Anbaufläche produziert Österreich 8% der EU-Soja-Ernte bzw. 190.000 Tonnen. Es ist der fünftgrößte Sojaproduzent der Europäischen Union. Auf über 35% der österreichischen Anbauflächen wird Bio-Soja produziert. Der Ertrag in Österreich konnte von 2004 bis 2019 vervierfacht werden. (Donau Soja)

Eine repräsentative Umfrage von Greenpeace hat gezeigt, dass 84% den Konsum von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ablehnen. 96% der Bevölkerung fordern, dass für tierische Produkte mit AMA-Gütesiegel keine Gentechnik-Futtermittel mehr verwendet werden dürfen. (Greenpeace)

Jährlich werden in Österreich über fünf Millionen Schweine geschlachtet, rund die Hälfte von ihnen trägt das AMA-Gütesiegel. Ein Test des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2018 zeigte, dass über 90% des für AMA-Schweine verwendeten Futtermittels gentechnisch verändert war. (Greenpeace)

Der Einsatz von gentechnisch veränderten Futtermitteln ist nicht gekennzeichnet – und für KonsumentInnen am Lebensmittel nicht nachvollziehbar. Circa 200.000 Tonnen Sojaschrot aus genmanipuliertem Anbau werden jährlich an AMA-Gütesiegel-Schweine verfüttert. (Donau Soja)

Jährlich werden rund 500.000 Tonnen Soja nach Österreich importiert. Für eine Umstellung aller österreichischen Schweine auf gentechnikfreies Futtermittel würden rund 350.000 Tonnen benötigt – gegenwärtig könnten über 650.000 Tonnen zertifiziertes Donau Soja aus europäischer Produktion bereitgestellt werden. Eine Umstellung wäre also sofort möglich. (Donau Soja)

Jedes Jahr fallen rund 157.000 Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an. Das entspricht einem monetären Gegenwert von rund 1 Milliarde Euro bzw. der Jahres-Nahrungsmenge von 500.000 Bürgerinnen und Bürgern. Etwa 25% davon sind tierische Produkte wie Milch, Eier, Fleisch oder Wurstwaren. (Institut für Abfallwirtschaft, Boku Wien)

www.tierschutzvolksbegehren.at