Österreichisches Stillsiegel: bereits 210 Betriebe ausgezeichnet
Österreichweites Gastro-Siegel kennzeichnet sichere Räume
Österreichweites Gastro-Siegel kennzeichnet sichere Räume
„Die Brust gehört nicht in den öffentlichen Raum.“ Was klingt wie ein übergriffiger Kommentar, entspricht laut einer neuen repräsentativen Studie von MAM und TQS der Haltung von rund jeder fünften Person in Österreich1. Dabei sind Cafés und Restaurants traurige Spitzenreiter an Orten, an denen stillende Frauen negative Erfahrungen erleben2. 2023 rief das österreichische Unternehmen MAM Baby das österreichische Still-Siegel ins Leben – ein Emblem für heimische Gastronomien, Institutionen und Betriebe. Zwei Jahre später tragen bereits 210 Unternehmen das Siegel.
© Adrian Almasan
Wenn ein Baby Hunger oder Durst hat, zählt nur eines: das unmittelbare Stillen seiner Bedürfnisse. Dennoch fühlen sich viele durch stillende Mütter gestört. Laut aktuellen Still-Umfragen von MAM Babyartikel erleben zwei von drei stillenden Müttern (67,2 %) Diskriminierung in der Öffentlichkeit. 43 % der Befragten lehnen öffentliches Stillen ab, jede:r Fünfte hält es für unappetitlich oder unhygienisch. Daher hat MAM Baby 2023 das österreichische Still-Siegel ins Leben gerufen.
Stillende: „Auf Toilette verdonnert“, „von Männern angestarrt“, „wurde nicht bedient“
„Die Mehrheit der stillenden Mütter hat bereits negative Reaktionen – manche sogar regelrechte Anfeindungen – erleben müssen. Unsere Umfragen zeigen: Mütter machen dabei – so paradox das klingt – vor allem in Lokalen und Cafés, wo die kulinarische Versorgung im Vordergrund steht, schlechte Erfahrungen“, so Sabrina Krejan, Stillsiegel-Initiatorin und MAM Marketing Managerin. Die Reaktionen reichen von abfälligen Blicken, anzüglichen oder abwertenden Bemerkungen bis hin zum Platzverweis. Betroffene erzählen: „Die Brust in einem Restaurant herzuzeigen sei unappetitlich“; „Ein Kellner kam zu mir und fragte: Können Sie ihr Kind nicht am Klo stillen?“; „In einem Café wurde ich hinausgeschmissen“; „Ein Mann fragte mich, ob er auch mal ‚ran dürfe‘“; „Mir wurde gesagt, ich könne mein Kind ja auch eine halbe Stunde später stillen“. „Mehr als 1.000 Erlebnisse schilderten uns die Mütter. Die Reaktionen sind so unterschiedlich wie sie erschreckend sind“, fährt Krejan fort.
Initiative für sichere Räume: 210 Betriebe tragen das österreichische Stillsiegel
„Der öffentliche Raum soll sicherer werden für Stillende“, kommentiert Georg Ribarov, Stillsiegel-Initiator und Country Manager Austria bei MAM „Seit unserer Gründung vor fast 50 Jahren steht MAM dafür, den Babyalltag leichter zu machen und das Wohlbefinden von Eltern und Babys zu fördern. Das Stillen oder das Füttern mit dem Fläschchen darf nicht vom Ort abhängig sein, sondern vom Bedürfnis des Kindes.“ Deshalb rief MAM 2023 das erste österreichische Stillsiegel für Lokale und Institutionen ins Leben. Als Kennzeichen für Betriebe, die sich zu einem stillfreundlichen Klima sowie der Österreichischen Stillcharta bekennen. „Als Mama und als Geschäftsführerin der Kaffeehäuser und Restaurants der Familie Querfeld freue ich mich über die Gastro-Initiative. Stillen sollte überall eine Selbstverständlichkeit sein. In allen Betrieben der Familie Querfeld heißen wir stillende Mütter daher ausdrücklich willkommen.
v.l.n.r. Karoline Klezl, Geschäftsführerin Café Mozart, Georg Ribarov, MAM Country Manager Austria, Sabrina Krejan, MAM Marketing Managerin Austria, Sanja Prochazka-Piplica, klinische Psychologin, und Hebamme Johanna Eitzenberger vom Hebammenzentrum Wien © MAM Baby / Sabine Sattlegger
Das Stillsiegel steht für diesen offenen Zugang und bietet gerade traditionsreichen Kaffeehäusern die Chance, ein sichtbares Zeichen für gelebte Willkommenskultur zu setzen“, so Karoline Klezl, Geschäftsführerin der Kaffeehäuser und Restaurants der Familie Querfeld. Mittlerweile wurden 210 Betriebe österreichweit ausgezeichnet – darunter bekannte Namen wie Kolariks Luftburg, alle Primark-Filialen, die Volkshochschulen Wien, der Tierpark Herberstein oder das Bootshaus. Alle Stillsiegel-Betriebe sind unter www.stillsiegel.at aufgelistet. „Cafés und Restaurants, aber auch Museen, Hotels, Bibliotheken und andere öffentliche Einrichtungen sind herzlich eingeladen, sich der Initiative anzuschließen und für mehr Stillfreundlichkeit zu sorgen“, motiviert Georg Ribarov.
Bootshaus erhält Stillsiegel, GF Ferdinand Querfeld © Alina Diesner
„Das Tabu hat historische Wurzeln“
Warum das Stillen in der Öffentlichkeit immer noch polarisiert, erklärt die klinische Psychologin Sanja Prochazka-Piplica: „Das Tabu hat historische und kulturelle Wurzeln: Weibliche Körper werden seit jeher sexualisiert. Viele Mütter spüren, dass sie sich rechtfertigen müssen – das zeigt, wie stark unausgesprochene Schamregeln wirken.“ „Vor einiger Zeit erzählte mir eine Mutter, dass sie mitten in einem Einkaufszentrum allein auf der Toilette saß, um ihr Baby zu stillen – aus Angst vor Blicken. Das berührte mich tief. Stillen sollte kein Versteckspiel für Mütter sein – wir alle können Offenheit und Unterstützung zeigen.“
„Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig genug“
Dabei ist Stillen kein Akt der Provokation, sondern der Fürsorge und für das Baby lebensnotwendig. Auch Hebamme Johanna Eitzenberger vom Hebammenzentrum Wien unterstützt die Still-Aktion: „Stillen ist bekanntlich viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es stillt Nähe, Hunger und Durst – gerade jetzt in der Sommerhitze. Dabei ist zentral, dass die Bedürfnisse eines Babys unmittelbar gestillt werden, damit es sich gesund entwickeln kann“ kommentiert die Hebamme. Nur durch eine fürsorgliche und zeitnahe Reaktion auf die frühkindlichen Bedürfnisse könne eine starke Bindung zwischen Eltern und Baby aufgebaut und die Basis für eine gesunde kognitive Entwicklung gelegt werden, erklärt die Expertin. „Ein Baby, das nicht gehört wird, lernt: ‚Ich bin nicht wichtig genug.‘ Das bleibt als Kind. Wer öffentliches Stillen ablehnt, macht Eltern und Kinder“, so Eitzenberger.
Über 150 Menschen versammeln sich am Heldenplatz für das Recht auf Stillen
Gemeinsam mit dem Hebammenzentrum Wien rief MAM Babyartikel am 7. August 2025 zur öffentlichen Versammlung auf. Mehr als 150 Eltern, Hebammen, Babys und Unterstützer:innen trafen sich am 7. August am Heldenplatz, um ein starkes Zeichen für die Normalisierung des Stillens zu setzen. „Wir sind begeistert, dass sich so viele eingefunden haben, um gemeinsam ein Signal an die Öffentlichkeit zu richten! Das Füttern von Babys ist zu jeder Zeit und an jedem Ort in Ordnung! Mütter und ihre Babys entscheiden und wissen, was das Beste für sie ist“, zeigen sich die Initiator:innen des Still-Stands Sabrina Krejan und Georg Ribarov von MAM euphorisch.
Still-Stand: Dutzende Menschen setzen ein Zeichen für Stillen © MAM Baby / Sabine Sattlegger
www.stillsiegel.at | www.mambaby.com
1 Repräsentative Umfrage von MAM Babyartikel und TQS unter 1.000 Personen in Österreich, Juni 2025
2 Still-Umfrage von MAM unter 1.914 Mütter aus dem DACH-Raum, 2022