ENTFREMDUNG versus VERBINDUNG 1:0

In unserer Branche geht es um Nähe. Nähe zum Produkt, zum Gast, zum eigenen Antrieb. Doch immer öfter höre ich Sätze wie: „Ich funktioniere nur noch.“ oder „Es schmeckt mir selbst nicht mehr.“ Das sind klare Hinweise auf ein Phänomen, das viele betrifft, aber selten benannt wird: Entfremdung.

– aus dem PROST Magazin vom Oktober 2025 – Text: Peter Eder

Entfremdung bedeutet, dass dir etwas fremd wird, das dir eigentlich nah sein sollte. In der Gastronomie kann das viele Formen annehmen. Du bereitest Speisen zu, aber schmeckst selbst nichts mehr. Du sprichst mit Gästen, aber hörst ihnen kaum noch zu. Du rennst durch den Tag, aber fühlst dich leer, sobald die Tür zufällt. Und die Produkte, mit denen du arbeitest, landen auf dem Teller, ohne dass du noch weißt, woher sie kommen oder warum du sie ursprünglich gewählt hast.

Drei Ebenen der Entfremdung zeigen sich besonders oft
Erstens, die Entfremdung vom Produkt. Viele kochen täglich mit Lebensmittel, aber haben keine Beziehung mehr zu ihnen. Ein Beispiel: Paradeiser aus Holland landen im Einkauf, weil sie günstig sind – nicht, weil sie gut schmecken. Der Bezug zur Herkunft, zur Saison, zur Qualität geht verloren.

Zweitens, die Entfremdung vom Gast. Servicepersonal hetzt durch den Abend, Gäste werden zu Bestellnummern. Gespräche werden auf das Nötigste reduziert. Feedback ist lästig statt willkommen. Dabei war genau die Beziehung zu den Gästen das Herzstück des Berufs. Und drittens, die Entfremdung von sich selbst. Viele in der Branche arbeiten 60 Stunden pro Woche – ohne sich je zu fragen, warum eigentlich. Früher war da Leidenschaft, heute ist da nur noch Routine. Der eigene Antrieb wird ersetzt durch das Funktionieren im Dauerstress. Wie es dazu kommt? Die Gründe sind vielfältig. Dauerhafter Stress sorgt dafür, dass wir nur noch im Überlebensmodus arbeiten. Wirtschaftlicher Druck verdrängt Werte. Technisierung – durch Tablets, QR-Codes und Lieferdienste – reduziert zwischenmenschliche Begegnung. Und die Frage nach dem Sinn des Ganzen wird selten gestellt.

Doch es gibt Wege zurück
Du kannst wieder Nähe also echte Verbindung herstellen. Fahr raus zum Bauern. Riech an frischer Erde. Schmeck ein reifes Gemüse direkt vom Feld. Frag deine Gäste, was sie bewegt – nicht nur, was sie bestellen wollen. Sprich im Team über mehr als Dienstpläne. Frag: Wie geht’s dir? Und frag auch dich selbst: Warum hab ich diesen Beruf gewählt? Was davon ist noch da?

Die Antwort darauf kann vieles verändern. Qualität entsteht nicht durch Effizienz allein, sondern durch Verbindung. Lieber 50 echte Gäste als 200 Durchlaufposten. Lieber weniger Gerichte, die berühren, als eine Karte voller Beliebigkeit.

Entfremdung ist kein Versagen. Sie ist ein Warnsignal. Wenn du es erkennst, kannst du etwas verändern. Nicht alles auf einmal – aber Schritt für Schritt. Vielleicht beginnt es mit einem ehrlichen Gespräch. Oder einem bewussten Griff zum richtigen Produkt. Oder einfach mit dem Satz: „Ich will wieder spüren, was ich tue.“ Ich glaube, das ist der Anfang.



Entfremdung bedeutet, die Verbindung zu verlieren: zu dem, was man tut, mit wem man es tut oder zum eigenen Selbst. Das zeigt sich etwa durch Gleichgültigkeit gegenüber anderen oder dem eigenen Tun.

Die Folgen:

  • Verlust von Motivation
  • Erschöpfung, Zynismus, innere Leere
  • sinkende Qualität, steigende Fluktuation im Team
  • das Gefühl, nur noch zu „funktionieren“

Der Gewinn des Gegenteils – also echter Verbindung:

  • mehr Sinn und Freude bei der Arbeit
  • stärkere Gästebindung
  • bessere Teamdynamik
  • höhere Qualität, die spürbar wird