All you need is love

Sie ist eine wilde Henne. Lebt auf einem Hof in Poysdorf. Von dort kommt der Sprudel, der einem die Augen so überdrehen lässt, dass man nur noch das Weiße sieht. Sie krallt sich mit beiden Beinen ins wirkliche Leben und legt Eier, die vor Bewunderung (auch Neid;-) erblassen lassen. Abends verschwindet sie hinter dem automatischen Tor, damit der Fuchs sie nicht holt. Ursprünglich kommt sie aus Deutschland. Marion liebt „Herta“ das Sperberhuhn.

– aus dem PROST Magazin vom April 2025 – Text: Peter Eder

Triggerwarnung: Auch im PROST gibt es eine Triggerwarnung – hier ist sie: Wir wollen auch ein bisschen „mittriggern“ – keine Angst, es kommt im Text nicht zu Sexszenen oder Andersartigkeiten, die sie verletzen könnten, außer das mit den schäumenden Schönheiten der Liebe und der Pippi vielleicht. Nein ernsthaft – den Text können Sie nicht wie orf.at auf „einfache Sprache“ umschalten – DEN Text müssen Sie sich erlesen!

Marion Ebner-Ebenauer ist der Fortsetzungsroman des „Kleinen ich bin ichs“, eine gestandene Pippi Langstrupf („Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“) Eine begnadete Gastgeberin „Trink das ;-)“ und eine Gastro-Motivatorin, die ohne „Sprüche“ auskommt, weil sie einen „Spruch“ hat, der einen auf eine Reise mitnimmt, die zum innersten Selbst führt. Sie hat so ein positives, bezauberndes, wertschätzendes Wesen, dass man sie entweder auf Anhieb mag oder erst, wenn man seine Vorurteilsfreiheit wieder erlangt. Sie ist der Typ Mensch, der in der Masse nicht untergehen kann, weil sie ihr nicht erliegt.

Freiheit ist ihr zweiter Vorname und frei fühlt man sich, auch wenn man mit ihr ist. Sie liebt Menschen in all ihren Facetten.

© Maximilian Salzer

Marion Ebner-Ebenauer ist Winzerin
Liebe taucht im Gespräch mit Marion Ebner-Ebenauer oft auf. Vor allem die Liebe zu Menschen – und besonders zu ihrem Mann Manfred und ihrer Tochter. Nicht, dass sie mit dem starken Wort verschwenderisch umgeht, aber man spürt, wie sie über all ihre Lieben spricht – wie sehr sie sie liebt und wertschätzt.

Neben der sprudelnden Marion, erscheint Manfred Ebner-Ebenauer wortkarg. Er, der Gegensatz, der sie ganz macht.

Die beiden verlieben sich zuerst in Wein, dann ineinander. Er gab wegen des Weins sein Wirtschaftsstudium auf und wechselte auf die Weinbauschule in Krems. Sie besuchte den gleichen Lehrgang. Er – Motto: „Lieber Tod als uncool“ – stand, völlig in schwarz gekleidet, ihrer Buntheit gegenüber „Hallo. ich bin die Marion“ – das war´s dann mit cool sein. Sie hatte sich schon früher für Wein entschieden, bei Fritz Wieninger ein Praktikum gemacht und sich dann noch im Heurigen das Geld dazu verdient, das sie unabhängig von zuhause gemacht hat – um sich eine eigene Wohnung mit 16 zu leisten.

Marion und Manfred Ebner-Ebenauer © Christof Wagner

„Unabhängigkeit“ – ein weiteres Wort, das oft fällt, ist ihr wichtig. Sie möchte tun, was sie will, ihren Kopf und was in ihm entsteht, durchsetzen. Das Alphatier in ihr lässt sich schwer bändigen. Von anderen gar nicht – wie auch – sie selbst hat´s schwer, sich zu zügeln, wenn es um unsinnige Konventionen oder Regelwerke geht. Marion Ebner-Ebenauer ist eine Wiener Wirtshaus Tochter. Dort, im Wirtshaus, sieht man die Höhen und Tiefen der menschlichen Seele. Wenn die Anlage stimmt, kann man gar nicht anders, als Menschen unverblümt zu erkennen – Marion kann auch nicht anders. Kein Wunder, dass bei der Lebensschule die echte Schulbank (katholische Schule) immer noch aus der Vergangenheit auf die Seele drückt – die Schulzeit war ihr ein Greul.

Detailverliebt
Als die Ebner-Ebenauers sich für’s „Wein begleiten“ entschieden, war der Hof in Poysdorf ein „es war einmal“-Weinbaubetrieb. Es war nicht geplant, dass Manfred übernehmen wird. Die beiden bauten und bauen immer noch aus, um und neu. Wie das so ist, wenn man Haus und Hof übernimmt – man ist in Gefahr, sich selbst zu übernehmen. Zu dem kommt der Anspruch, dem sich die Ebner-Ebenauers verschworen – wenn, dann richtig.

Was das bedeutet, kann man nachvollziehen, wenn man Marions sieben Jahre Wein&Co einberechnet. Als Gastroleiterin war sie nicht nur „Chefin“ von 100 Mitarbeitern, sie hatte auch Gelegenheit, Qualitäten zu verkosten, zu denen man normalerweise (auch bei gesteigertem Interesse) wenig Zugang hat, heute (weil noch teurer) noch weniger.

© Maximilian Salzer

„Richtig“ war also in den Augen der Ebenauers RICHTIG WEIT OBEN im Anspruch. Das selbst gesteckte Niveau verlangt ihnen einen Arbeitseinsatz und langen Atem (wegen der langen Lagerung warat´s) ab, den man rausschmeckt – vorausgesetzt man hat das Zünglein dazu. Bis zu 16 Jahre investieren die beiden in die Handarbeit, so dürfen die Schaumwein Schönheiten auf der Hefe ihrem Höhepunkt entgegen reifen, um uns zu ebensolchen zu verhelfen.

Der inzwischen biodynamische Betrieb bringt Qualitäten auf den Markt, dass einem die Augen feucht werden, schon wenn man das Glas an den Lippen ansetzt. Das Zeug ist so fein und exakt ausbalanciert, dass es weit über die Grenzen – Ebner-Ebenauer ist in 24 Märkten zu haben – wirkt. 70 % der Produktion gehen in den Export.

Die Arbeit am Hof hört nie auf – doch das liebevoll renovierten Haus wird wohl einige Jahre halten. © Maximilian Salzer

Wirkkraft
Wie eine Sinneserfahrung auf den Menschen wirkt, hängt davon ab, was er bisher erfahren hat. Das Gehirn vergleicht mit dem, was es kennt. So sind z. B. die Beurteilungen der Superprofis – die, die nichts anderes machen, als Wein zu verkosten – für einen „Vinovizen“ meist nicht wirklich nachvollziehbar. Der kennt ja nix und muss sich erst mit Kenntnis ansaufen. Trifft man als „Vinovize“ zu oft auf „Privat-Wein-Wissende“ oder Sommeliers, die einem den eigen Geschmack aufdrängen wollen, der sich nicht mit dem eigenen deckt, kann man leicht die Freude verlieren.

„Aufdrängen hat immer was Unangenehmes“
Wer vorhat, über seine Geschmacksknospen mit Hilfe von Wein oder Sprudel geil werden zu können (nicht wegen des Alkoholgehaltes) ((nicht nur deswegen)), sollte keine Umwege machen. Der direkte Weg ist Wein/Sprudel von Winzer:innen, die dem Wein nichts aufdrängen, sondern ihn begleiten. Das ist jetzt kein depperter Spruch, der sich im PROST gut machen soll, sondern, das ist ein enormer Unterschied.

Die Ebener-Ebenauers tun sich die Arschhacke in den Weinbergen und dem dreigeschossigen Keller nicht aus Jux und Tollerei an. Die machen das nicht, um Alkohol trinkbar zu machen. Weiß, rot, Sprudel aus dem Haus Ebner-Ebenauer kann was, was viele andere Häuser nicht können (wollen).

Die machen das, um etwas entstehen zu lassen, das im Stande ist, SICH auf eine ganz besondere Art und Weise zu spüren. Da geht es nicht um Vergiftungserscheinungen über die Leber, sondern um Schmetterlinge im Bauch. Das Zeug kribbelt einem den Rücken hoch, stellt einem die widerspänstigsten Härchen in „Habt-Acht-Stellung“, justiert die Optik auf Fokus und lässt einen Dinge erkennen, die man nie zuvor gesehen hat. Der Sprudel zuckt durch den Körper, bis man von wohligen Wellenbewegungen überwältigt, fast den (Ver-) Stand verliert. Allgemein sagt man Sprudel eine belebende Wirkung nach – die Flaschenpost aus Poysdorf/Falkenstein beinhaltet aber mehr als das. Dem Winzerpaar gelingt, im kühlen Norden die das Urmeers mit seiner feinen Mineralik zum Sprudelnden zu bringen. Öffnet man sich dieser zärtlichen „Brandung“, ist das so, als würde einem Amor höchstselbst das Glückzentrum moussieren.

Wir alle leiden mehr oder weniger unter Entfremdung – vor allem entfremden wir uns von unserer ureigenen Natur – und damit von der Natur ganz allgemein. Wir reden von: „Natur, die uns umgibt“, anstatt von uns als Teil von ihr. Was sind WIR denn, wenn wir „umgeben“ von Natur sind? Nicht natürlich? Kein Teil von ihr? Nur ein Etwas, das von ihr umgeben ist? Wie überheblich.

Damit wir uns wiederfinden, uns mit unserer Natur verbinden, uns vertraut machen, wieder heimisch werden, uns integrieren können, authentisch sein können, uns verwurzeln können, müssen wir uns der Hilfsmittel bedienen, die uns die Ebner-Ebenauers zur Verfügung stellen.

Ihre Art der Vinifizierung hat aber auch gar nichts mit der Kellertechnik der zusammengeschusterten Flüssigkeiten zu tun, die belastetes Grundmaterial in unverträgliche Künstlichkeit vergewaltigt. Wem mit der chemischen Keule eines übergezogen wurde, der steht am nächsten Tag nicht ohne Kopfschmerz wieder auf.

Marion und Manfred Ebner-Ebenauer © Rafaela Proell

Setzt man hingegen einen jener jahrelang gezogenen – geschüttelten, nicht gerührten – frei vergorenen, durch zarte Begleitung, biodynamisch erstandenen Sprudel an, saugt sich der Körper damit an wie ein Schwamm, um möglichst eng mit diesem Naturprodukt zu sein – um eins mit ihm zu werden. Es blitzt und prickelt, schnalzt und scheppert, gleitet und schmiegt sich den Nervenbahnen entlang. Marion sagt selbst über die Schaumwein Mission: „Mir war klar, ich wollte völlig ungeschminkte Naturschönheiten erschaffen. Unsere „Zero Dosage Babys“ sind ein Spiegel des Terroirs (Boden) der Sorte (Chardonnay) und des Jahrgangs – thats it.“

Zero Dosage & vintage only war anfangs eine Vision der Ebner-Ebenauers, sie waren damit Vorreiter. Hätten die beiden sich da nicht drüber getraut, wären wir um diese besondere Art zu sprudeln ärmer. „Brut“ verabschiedete sich leise, bald wandte sich die Szene den „Blanc de Blancs“, „Blanc de Noirs“ oder Vintages zu.

Die „ungeschminkten Naturschönheiten“ gurgeln sich den Weg frei zum Magen, spülen sich die Darmzotten entlang und kitzeln dabei die Glückshormone aus dem Bauchhirn. Bei all dem bröckeln alte Geschmacksvorlieben wie trockener Ton von einem ab. Man nordet sich mit dem Ebner-Ebenauer ein, bringt die Dinge ins Lot, geht zurück auf die Grundeinstellungen und hat die Chance, von Neuem zu beginnen – ALL YOU NEED IS LOVE  – Na dann, PROST!