Reisen wird immer individueller, Sport auch
Neue Formen der Bewegung, neue Formen des Reisens: Das Sport Tourismus Forum zeigte, wie sich Tourismus und Sport verändern und was das für Destinationen bedeutet.
Neue Formen der Bewegung, neue Formen des Reisens: Das Sport Tourismus Forum zeigte, wie sich Tourismus und Sport verändern und was das für Destinationen bedeutet.
Bild: Dr. Viktoria Veider-Walser, Geschäftsführerin, Kitzbühel Tourismus
Was früher gemeinsame Ausflüge im Sportverein waren, ist heute ein ganz persönliches und individuelles Erlebnis. Der Sporttourismus hat sich emanzipiert. Plattformen wie Google, komoot oder SportFinder belegen, wie sehr individuelle Sporterlebnisse in der Freizeit und im Urlaub an Bedeutung gewonnen haben. Das Sport Tourismus Forum in Zürich brachte mehr als 200 Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum zusammen, um genau darüber zu diskutieren. In der Google Cloud Zürich fand die Veranstaltung erstmals in neuer Location statt und erreichte zugleich einen neuen Teilnehmerrekord.
Über 40 Referentinnen und Referenten boten an einem Tag einen dichten Überblick über Entwicklungen, Projekte und Perspektiven im Spannungsfeld von Tourismus, Sport und Digitalisierung. Dabei wurde deutlich: Sport wird immer mehr zum Reiseanlass und Erlebnisdimension zugleich.
«Individuell ist Trumpf. Digitale Tools und KI treiben personalisierte Sporterlebnisse so schnell voran, dass sich die Welt alle drei Monate neu erfindet», so Veranstalter Hans-Willy Brockes, Geschäftsführer von ESB Marketing Netzwerk.
Neue Gäste, neue Gewohnheiten
Aktivurlaub folgt längst keinem Schema mehr. Besonders deutlich zeigt sich der Wandel bei der Generation Z, die häufiger, günstiger, nachhaltiger – und oft allein reist. 77 Prozent der GenZ folgen ihrer Leidenschaft. «Besonders bei Sport- und Sprachkursen sitzt das Reisebudget der digitalen Nomaden locker», so Alexander Dyskin von Simon-Kucher. Diese haben oft ihren Laptop dabei und verbinden den Sporturlaub mit Arbeit. «Der Anspruch an Individualität und Erlebnisqualität steigt. Destinationen müssen sich differenzieren und in ihren Angeboten flexibel bleiben», betont Dyskin.
Alexander Dyskin von Simon-Kucher
Winterwandern ist ein gutes Beispiel für diese Flexibilität. «50 Prozent der Wintergäste wandern», berichtete Ulrich Andres von den Österreichischen Wanderdörfern. Auch der Deutsche Winterwandertag verzeichnet steigende Teilnehmerzahlen. Für Ute Dicks vom Deutschen Wanderverband ist klar: «Wandern ist die Sehnsucht nach Individualität.» Digitale Tourenplaner wie komoot spielen dabei eine zentrale Rolle. Was früher die klassische Wanderkarte war, ist heute eine App – bestenfalls noch mit Gamification-Elementen. «Die klassische Wandernadel ist immer noch populär. Man muss nur ein gutes Tool entwickeln», so Ulrich Andres weiter.
«Der Trend geht eindeutig weg von wo will ich hin hin zu was will ich machen», sagt Florian Kurz von SportFinder. Plattformen wie komoot, booking.com oder Google arbeiten intensiv daran, den gesamten Reiseverlauf digital abzubilden – von der Inspiration bis zur Buchung. «In Zukunft übernimmt die künstliche Intelligenz viele dieser Schritte automatisch», so Timmy Hoppe von komoot. Social Media liefert dabei die Ideen, die Umsetzung erfolgt direkt auf der Plattform. Auch Vanessa Gstrein von Ötztal Tourismus sieht darin einen Wandel im Denken: «Wir müssen nicht mehr nur in Saisonen denken, sondern in Interessen.»
v.l.: Florian Kurz, SportFinder Esther Berger, Area Manager Switzerland Booking.com Sebastian Schopp, Head of Business Development, Travel Timmy Hoppe, Senior Sales & Partnership Manager, komoot
Winter neu gedacht
Auch technologisch tut sich einiges: Der E-Ski etwa soll Outdoor-Erlebnisse im Winter revolutionieren. «E-Bike war gestern», so Stefan Lang von TecVentum. Mit einer elektrischen Aufstiegshilfe und neuen Möglichkeiten für Gästegruppen sorgte der Erfinder des Konzepts für E-Ski für Aufmerksamkeit. Martin Dolezal von der Snowsports Academy forderte einen «Change of Mindset». «Die Menschen verlieren den Bezug zum Schnee und lernen nicht mehr Skifahren», so Dolezal. Neue Ansätze wie Rollski, Kunststoffpisten oder urbane Schneesport-Konzepte, wie in der Skihalle von Dubai, könnten helfen, neue Zielgruppen zu erreichen. Auch hier ist Individualisierung der Schlüssel.
Ein innovativer Ansatz ist auch das «Alpenbrevet Extended». Wer die berühmten Alpenpässe der Schweiz per Rad erobert, kann sich digital belohnen lassen. Und zwar mit messbaren Effekten auf die Übernachtungszahlen in Andermatt.
Martin Dolezal, CEO, Snowsports Academy
Der Wandel bleibt
Das Sport Tourismus Forum zeigte, dass Tourismus und Sport sich rasant verändern. Angetrieben von neuen Zielgruppen, digitalen Möglichkeiten und ökologischen Herausforderungen. Erfolgreiche Destinationen denken nicht mehr in Saisonen, sondern in Interessen. Sie setzen auf ganzjährige Nutzung statt kurzer Hochsaisonen. Ob Winterwandern, E-Ski oder KI-basierte Reiseplanung, die Zukunft liegt in der Kombination von Individualität, Technologie und Erlebnis. Oder, wie es am Forum Sebastian Schopp von Google formuliert: «Mehr Content ist das Gold der Digitalisierung.»
Das nächste Sport Tourismus Forum findet im Mai 2026 in Zürich statt. Informationen unter: www.sporttourismusforum.com