Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein

Der weltweite Klimawandel lässt nicht nur den Schnee, sondern auch die Gewinne im alpinen Tourismus schmelzen. Auf Einladung der Handelskammer Schweiz – Österreich – Liechtenstein (HKSÖL) diskutierte bei der Top Speakers Lounge am 22. März eine Expertenrunde darüber, wie man den Bergtourismus „neu erfinden“ könnte. Am Podium: Jürg Schmid (CEO Schweiz Tourismus), Franz Gredler (Eurotours), Arnold Oberacher (conos Tourismusconsulting), Wolfgang Kleemann (Österreichische Hotel- & Tourismusbank), Markus Comploj (Bergbahnen Brandnertal). Moderiert wurde die Top Speakers Lounge im Novomatic Forum von Michael Fleischhacker (NZZ.at).

Der alpine Tourismus gilt als einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes. Doch das gute Geschäft mit den Gästen gerät zunehmend ins Stottern. Neben den bekannten Faktoren wie „Klimawandel“ oder „Skimüdigkeit der Bevölkerung“ sieht der CEO von Schweiz Tourismus Jürg Schmid die Urbanisierung als Grund für den Rückgang. „Die Bevölkerung in den Städten wird bis 2030 um 61 Prozent auf 5 Milliarden wachsen. Vom Trend der globalen Urbanisierung profitiert der Städtetourismus besonders stark, da Städtebesucher primär selber Städtebewohner sind. Man reist öfters und erlebt intensiver. Städte bieten die höchstmögliche Auswahl an leicht und in kurzer Zeit kombinierbaren Erlebnissen. Sie sind einfach rascher und günstiger erreichbar.“

Sightfeeling statt Sightseeing
Schmid fordert mehr Authentizität und die Vermittlung von sinnlichen und nachhaltigen Urlaubserlebnissen. „Reisen mit gutem Gewissen aber ohne Entbehrung ist ein wachsendes Bedürfnis. Ökologische Nachhaltigkeit wird zur Selbstverständlichkeit – allerdings ohne die Bereitschaft, dafür mehr auszugeben. Reisen bedeutet die Sehnsucht nach Emotionen. Kunstschnee erfüllt keine Sehnsucht nach Winterromantik. Authentische und persönliche Erlebnisse einfach zugänglich gemacht, sind zentraler Erfolgsfaktor der alpinen Entwicklung. Wir brauchen Sightfeeling statt Sightseeing“, so Schmid.

Fundamentale Gästeverschiebung
Auch die Gästestruktur wird sich in den nächsten Jahren massiv verändern. Laut Schmid wird der Anteil jener Gäste aus weit entfernten Destinationen von 22 Prozent 2015 auf 33 Prozent im Jahr 2025 ansteigen. Damit eröffnen sich neue Chancen. „Hier kann man mit Innovationen, wie z.B. dem all-in-one Erlebnis ´mein erster Schnee´ oder ,Am Tisch bei der Bäuerin´, punkten“, glaubt Schmid.

Weniger auf die Gäste aus Fernost, sondern auf die heimische Kundschaft, setzt Markus Comploj, Geschäftsführer der Bergbahnen Brandnertal: „Im Brandnertal hatten wir 25 Prozent Schweizer Gäste. Hier ist der starke Franken ein Segen. So konnten wir stark gewinnen. Spätestens ab heute – verursacht durch die Terroranschläge in Belgien – werden unsere Gäste sorgfältig auswählen, wohin sie im Urlaub fahren. Da ist das Nahumfeld sicher ein Gewinner.“

Ähnlich argumentiert auch Franz Gredler, Prokurist bei Eurotours: „Wir sehen auch diese Irritationen. Viele bleiben lieber in der Schweiz und in Österreich und werden sich ganz genau überlegen, wo sie ihre großen Urlaube machen.“

Hausgemachte Krise – Rummel oder Ruhe?
Doch nicht alle Probleme sind von außen verschuldet. Die Krise so mancher Regionen ist hausgemacht. Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH: „Viele haben die Bearbeitung des heimischen Markts vergessen – oder verschlafen. Der Leidensdruck war für Investitionen nicht hoch genug. Das sieht man in Kärnten. Als das Wetter schlecht war, gab`s massive Rückgänge in jenen Betrieben, die schlecht ausgestattet waren.“

Auf Investitionen setzt Arnold Oberacher von conos Tourismusconsulting: „Der Kunde kauft eine Destination, nicht nur ein Hotel oder eine Seilbahn. Es gibt entweder den Rummel oder die Ruhe. Mit ,Ruhe` füllt man nur bedingt die Betten. Es gibt Familie und Party, aber auch Genuss und Wellness. Da muss ich mir schon überlegen, welches Mascherl ich mir umbinde. Das kann vom hippen Skywalk bis zum urigen Bauernherbst gehen. Der Winter wird aber weiterhin mit Skifahrern zu füllen sein und nicht mit Randsportarten. Aber es kommen viele im Schlepptau. Viele haben einen Partner, der nicht Skifahren kann. Für diese Leute muss auch etwas angeboten werden.“

Mit dabei waren Christoph Bubb (Schweizer Botschafter), Markus Thomas Schweizer (Managing Partner Advisory Services bei EY Deutschland, Schweiz und Österreich), Wolfgang Lackner (Vorstandsvorsitzender Europäische Reiseversicherung), Stefan Lechner (KURIER Prokurist und Anzeigenleiter), Gerhard Frei (Geschäftsführer Emmi Österreich), Manuela Hofbauer-Paganotta (Verlagsdirektion ÖSTERREICH), Nikolaus Kawka (Geschäftsführer Zühlke Engineering), Eva Buzzi (Geschäftsführerin ÖBB Rail Tours), Markus Gratzer (Generalsekretär ÖHV), Rudolf Tucek (The CUBE Hotels), Alexander Riklin (CEO Alcar Holding), Wolfgang Lackner (Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung), Albert Spielmann (Geschäftsführer Swiss Post Solutions), Burkhard Gantenbein (Geschäftsführer Ango Invest), Wolfgang Ebner (Managing Director bei HTM Hotel-Tourismus Management, Novomatic), Martin Hofstetter (Österreichische Hotel- und Tourismusbank Leitung Finanzen), Martin Klemm und Martin Brenner (Kanzlei Brenner & Klemm), Michaela Cholewa (Geschäftsführung Falstaff Verlag), Dietmar Kepplinger (Geschäftsführer Kondeor Tourismusforschung), Alexander Khaelss-Khaelssberg (Geschäftsführer Leisure Group), Thomas Krutzler (CCO People's Air Group), Susanne Kraus Winkler (Präsidentin HOTREC), Horst Marterbauer (Marketingleiter Pro Event), Michael Pérez (Rechtsanwalt Prettenhofer Raimann Pérez Rechtsanwaltspartnerschaft), Gerald Salzmann (Executive Director UBS Wealth Management), Martin Schneider (CEO BRAINFORCE AG), Andreas Sturmlechner (Vorstand Europäische Reiseversicherung), Christian Bosch (Geschäftsführer marketmind), Hansjörg Preiss (Management Direktor tourismconsult.at), Michaela Reitterer (Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung)

Unterstützt wird die Top Speakers Lounge von Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. (E&Y) und der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT).

Top Speakers Lounge
Die Plattform „Top Speakers Lounge“ ist eine Veranstaltungsreihe der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL), unterstützt von Ernst & Young und Novomatic Forum. Thematisiert werden aktuelle Entwicklungen in Wirtschaft und Politik – zu den bisherigen Keynote Speakern zählten Peter Brabeck (Chairman Nestlé AG), Benedikt Weibel (CEO Westbahn AG), Whatchado-Gründer Ali Mahlodji und Martin Senn (Group CEO Zurich Insurance Group) uva.

www.hk-schweiz.at