Die Gastronomie hat Tradition und die Gastronomie ist in der Gegenwart unverzichtbarer Bestandteil der Gesellschaft. Aber hat die Gastronomie auch eine Zukunft?
Fachgruppenobmann Thomas Mayr-Stockinger beantwortet diese Frage mit einen klaren Ja. Bestärkt wird der Branchensprecher der oö. Wirte in seiner Überzeugung gleich durch mehrere Faktoren: Neben einer gebührenden Ehrung von Unternehmerjubilaren für ihren langjährigen Einsatz als engagierte Wirte, dürfen heute Nachmittag 79 erfolgreiche Befähigungsprüfungsabsolventen – 42 Frauen und 37 Männer – in der WKO Oberösterreich ihre Unternehmerbriefe in Empfang nehmen. Zehn Kandidaten haben die Prüfung sogar mit Auszeichnung abgelegt. „Wenn sich so viele Menschen für eine gastronomische Unternehmerkarriere entscheiden, so ist das für mich ein klares Signal, dass sie an eine Zukunft dieser Branche glauben“, freut sich Stockinger über den Zuwachs in seiner Branche. Zusätzliches Nachwuchspotenzial für die Branche ortet er auch in den Kreisen jener 1410 derzeit in den diversen Gastronomie- und Hotelleriebetrieben in Ausbildung stehenden Jugendlichen, denen sich nach erfolgreicher Absolvierung der Lehrabschlussprüfung ebenfalls eine Selbständigen-Karriere in der Gastronomie eröffnet.
Leichte Aufwärtssignale in der Branche sieht Wirteobmann Stockinger auch in der jüngsten Mitgliederentwicklung in der Fachgruppe. In den letzten 15 Jahren hat sich die Anzahl der Betriebe in der Fachgruppe Gastronomie zwar um 9 Prozent reduziert. Gab es 2001 noch 6508 Gastronomen in unserem Land, so zählte man im Vorjahr nur mehr 5908. Heuer zeichnet sich erfreulicherweise wieder ein spürbares Plus ab. Aktuell zählt die Fachgruppe Gastronomie 6080 aktive Gewerbeberechtigungen in Oberösterreich.
Trotz bürokratischer Hürden blicken die Wirte zuversichtlich in die Zukunft
Für Stockinger ist das willkommener Rückenwind für ihn und seine Branchenkollegen, denen gerade in letzter Zeit der Arbeitsalltag durch zahlreiche bürokratische Hürden nicht gerade leicht gemacht wird, trotzdem positiv in die Zukunft zu blicken. Für diese Perspektiven brauchen unsere Gastronomen allerdings passende und vor allem realisierbare Rahmenbedingungen, denn der Belastungen gibt es mittlerweile genügend, betont Stockinger. Beispielgebend dafür nennt er die verschärften Wettbewerbsbedingungen, vor allem immer wieder durch Vereinsaktivitäten und Paragastronomie. Zusätzliche gesetzliche Auflagen — Nichtraucherregelung, Hygiene- und Arbeitsrechtsvorschriften, Belegerteilungspflicht etc. — verursachen nicht nur Kosten. Sie erschweren es den Wirten, insbesondere in ländlicheren Regionen, 365 Tage im Jahr für den Gast da zu sein, die Staatskasse mit Steuern und Abgaben zu bedienen und auch die Arbeitgeberverantwortung für die Mitarbeiter zu tragen.
Deutlicher Strukturwandel
Herausforderungen für seine Branche sieht Wirteobmann Stockinger auch im gesellschaftsbedingten Strukturwandel der heimischen Gastronomie. Die größten Veränderungen stellt die Fachgruppe bei den Gasthäusern, Imbissstuben und bei den Gewerbeberechtigungen für das freie Gastgewerbe fest. Die Anzahl der „echten“ Gasthäuser reduzierte sich in den letzten 15 Jahren um 27 Prozent auf 1443 Mitglieder (-532). Im selben Zeitraum haben sich hingegen die Imbissstuben nahezu verdoppelt (+ 88 Prozent auf 317 Berechtigungen). Auch die Gewerbeberechtigungen im freien Gastgewerbe sind gestiegen, und zwar konkret um 11 Prozent auf 596.
Trotz sinkender Zahl der Betriebe nimmt die oö. Gastronomie ihre Verantwortung als Arbeitgeber stärker denn je wahr. 2001 waren in den oö. Gastbetrieben 17.233 Personen beschäftigt, heute bemühen sich die oö. Gastronomen mit 20.830 Mitarbeitern um das Wohl ihrer Gäste. Und es könnten sogar noch mehr sein, denn die AMS-Daten weisen in der oö. Gastrobranche aktuell 1592 offene Stellen aus. Die meisten Mitarbeiter werden in den Bezirken Gmunden (278 offene Stellen), Vöcklabruck (266) und Linz (259) gesucht.
Intensiv auf der Suche ist die oö. Gastronomie auch nach Berufsnachwuchs. „In unserer Branche gibt es mehr als sieben mal soviele Lehrstellen als Lehrstellensuchende“, weiß Thomas Stockinger davon ein trauriges Lied zu singen. Zwei besonders krasse Beispiele: Im Bezirk Rohrbach hat jeder Lehrstellensuchende gleich 19 Lehrstellen zur Auswahl, im Bezirk Vöcklabruck sind es 11 Gastro-Lehrplätze, die pro Bewerber zur Verfügung stehen. Um die Rolle als Schlüsselbranche des heimischen Tourismus, ebenso aber auch die wichtige soziale und gesellschaftliche Funktion für die heimische Bevölkerung bewältigen zu können, bedarf es einer deutlichen Verbesserung des allgemeinen Meinungsbildes über die Berufe in der Gastronomie und Hotellerie. „Wir müssen die Leidenschaft für diese Berufe wieder wecken“, bringt es Stockinger auf den Punkt.
Imagekampagne „Das Richtige für mi“
Deshalb ist die heuer gestartete Imagekampagne der gastgewerblichen Fachgruppen gezielt an die Frau, an den Mann gerichtet, um bei ihnen die Begeisterung für einen Tourismusberuf zu entfachen und in weiterer Folge auch auf die breite Öffentlichkeit überspringen zu lassen. Fachgruppengeschäftsführer Stefan Praher: „Wir setzen auf die Überzeugungskraft jener Leute, die ihren Beruf im Tourismus lieben und mit Leidenschaft ausüben.“ Dafür bedienen sich die Fachgruppen Gastronomie und Hotellerie verschiedener Tools und Kommunikationsschienen.
„Gastronomie/Hotellerie: Das richtige für mi, weil …“ Unter diesem Werbeslogan wurden die Betriebe eingeladen, über-zeugende Argumente — auch ihrer Mitarbeiter — gleichsam als „Bierdeckel-Botschaft“ zu transportieren. Die jeweiligen Motive können in PDF-Form auch für Posters, Aufdrucke auf Speisekarten sowie Posting-Vorlagen für Social-Media-Aktivitäten eingesetzt werden. Darüber hinaus werden sämtliche Testimo-nials und Argumente, die für einen Job in der Gastronomie bzw. Hotellerie sprechen, in einem eigenen Booklet gesammelt. Dieses Standardwerk soll dann auch junge Menschen für eine Lehre bzw. Karriere in der Gastronomie bzw. Hotellerie beflügeln.
„Beflügelte“ Neukonzessionärin
Unter jenen 79 erfolgreichen Befähigungsprüfungsabsolventen, die heute ihre Unternehmerbriefe erhalten, fühlt sich vor allem Sabrina Reumair für eine Gastro-Karriere „beflügelt“. Die 22-jährige Ungenacherin schildert, warum sie sich für diesen Weg entschieden hat.
Warum ist Gastronomie das Richtige für Sie?
Ich bin am Gasthof bzw. Bauernhof meiner Eltern aufgewachsen. Da hat sich diese Frage für mich eigentlich nie wirklich gestellt. Wenn mir meine Eltern Geschichten aus meiner Kindheit erzählten, stand der Kontakt zu unseren Gästen immer an erster Stelle. Und genau das hat sich bis zum jetzigen Zeit-punkt nicht geändert. Ich liebe es, mit unseren Gästen zu plaudern, mit meiner Mutter über neue Rezepte zu sprechen und Neues auszuprobieren. In einem Satz gesagt: Das wichtigste ist, dass sich unsere Gäste bei uns wohl fühlen und unsere Speisen genießen können. Dazu zählen natürlich viele Dinge, doch im Bereich des Services leiste ich meinen ganz persönlichen Beitrag dazu. Da wir ein reiner Familienbetrieb sind, teilen sich mein Vater und ich die Aufgaben des Services und meine Mutter liebt es, ihr Können in der Küche zu zeigen.
Was waren Ihre Beweggründe, die Konzessionsprüfung für die Gastronomie abzulegen?
Ich bin nun 22 Jahre alt. In den letzten zwei Jahre habe ich mir viele Gedanken gemacht, wie meine Zukunft aussehen soll. Wie soll mein beruflicher Werdegang aussehen, was macht mir wirklich Spaß und wo kann ich mich so präsentieren, wie ich wirklich bin?
Eigentlich musste ich nicht lange überlegen, denn im Gasthaus meiner Eltern bin ich sozusagen groß geworden und bis zum heutigen Tag auch noch tagtäglich anwesend, da wir auch im selben Gebäude wohnen. Und ich mache diese Arbeit wirklich sehr sehr gerne.
Ganz besonders schätze ich die gute Zusammenhalt in unserer Familie, genauso aber auch das Verständnis meiner Eltern gegenüber mir und meinen beruflichen Werdegang. Ich wurde nie zu etwas gezwungen. Genau das ist ein wichtiger Grund, warum ich mich entschieden habe, die Konzessionsprüfung für das Gastgewerbe zu machen. Es wurde mir nicht vorgeschrieben, diese Prüfung zu machen, auch nicht, einmal das Gast-haus zu übernehmen. Mit der erfolgreich bestandenen Prüfung steht mir aber nichts mehr im Wege, doch einmal das Gast-haus meiner Eltern zu übernehmen. Dies ist natürlich eine Entscheidung für's Leben, die allerdings mit vielen weiteren Aspekten gut überdacht werden muss.
Welche Zukunftsperspektiven hat für Sie die Gastronomie in Oberösterreich?
Ich denke, in der Gastronomie hat man gute Chancen, sich zu entfalten. Das Spektrum dieser Sektor ist doch sehr breit gefächert. Einer der wichtigsten Aspekte ist für mich dabei aller-dings, nie den Überblick zu verlieren. Mein und auch das Motto meiner Eltern ist immer „Klein, aber fein". Und genau dieses Motto möchte ich immer beibehalten.