Tourismus-Seminar in St. Johann im Pongau

Hochkarätig besucht war das diesjährige, traditionelle Journalistenseminar der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in St. Johann im Pongau, das Mitte März über die Bühne ging.

Vor zahlreichen Medienvertretern wurden die derzeitige Lage, sowie Herausforderungen, Chancen und Forderungen der Tourismuswirtschaft beleuchtet. Höhepunkte der spannenden Diskussionen und Experten-Talks waren ein Kamingespräch mit AMS-Chef Dr. Johannes Kopf und der Obfrau der Bundessparte Petra Nocker-Schwarzenbacher zum heiß-diskutierten Thema „touristischer Arbeitsmarkt“ sowie die Präsentation einer aktuellen Studie im Auftrag der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft (BSTF) zur Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Situation und Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Tourismus.

Fachkräfte dringend gesucht
Köche, Servierpersonal und Stubenmädchen: Diese Berufe sind in den Tourismusregionen in Westösterreich speziell im Winter gesucht wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Um die Mobilität potenzieller Mitarbeiter zu erhöhen, geht das Arbeitsmarktservice (AMS) Bischofshofen im Bundesland Salzburg nun neue Wege: Die Pongauer wollen in Wien um Fachkräfte werben.

"Wir müssen uns noch stärker mit der überregionalen Vermittlung beschäftigen", sagte Johannes Kopf, Vorstandsmitglied des AMS, bei einem Hintergrundgespräch der Bundessparte Tourismus-Freizeitwirtschaft in St. Johann im Pongau. Thema des Abends waren Strategien zur Sicherung der Tourismus-Arbeitskräfte. Die überregionale Vermittlung sei "weniger eine Frage der Zumutbarkeit als des Aufzeigens von Chancen", meinte Kopf.

Die Salzburger wollen nun ein Modell, das sich vor gut einem Jahrzehnt am deutschen Arbeitsmarkt als Erfolg erwiesen hat auf Wien umlegen. Damals waren mit Jobbörsen und Schnuppertagen in den heimischen Betrieben gezielt Tourismusfachkräfte aus dem Norden Deutschlands für die Salzburger Wintersaison angeworben worden. "In Spitzenzeiten hatten wir im Pongau rund 1.000 Arbeitskräfte aus Norddeutschland", berichtete Thomas Burgstaller, Leiter des AMS Bischofshofen. Doch diese Quelle ist durch die gute Konjunktur in Deutschland weitgehend versiegt. Deshalb wendet man sich im Pongau nun dem Potenzial im Osten Österreichs zu. "Wir laden die Menschen ein, die Betriebe kennenzulernen, und wollen ihnen die Chancen aufzeigen", sagte Burgstaller. Eine erste Jobbörse in Wien könnte im Sommer stattfinden, danach soll es Schnuppertage in den Betrieben geben, um die Fachkräfte für den Winter zu gewinnen.

Für eine stärkere regionale Betrachtungsweise des Arbeitsmarktes sprach sich Petra Nocker-Schwarzenbacher, Bundesobfrau der Sparte Tourismus-Freizeitwirtschaft,
aus. In Westösterreich sei der Koch ein Mangelberuf, in Wien nicht. "Die Jobchancen im Tourismus sind zunehmend in den westlichen Bundesländern", sagte Nocker-
Schwarzenbacher: "Wir brauchen die Arbeitskräfte dort, wo die Arbeit ist."

Sechs Prozent aller Beschäftigten in Österreich arbeiten im Tourismus. Die Branche sei durch eine stark steigende Beschäftigung, eine hohe Dynamik, regionale und saisonale Unterschiede geprägt, berichtete Kopf. Um die Mobilität potenzieller Mitarbeiter zu erhöhen, schlug Kopf Anreize vor. Das könnte ein Kombilohn für jene
Arbeitslosen sein, die weiter weg gehen als ihnen zumutbar wäre. Auch eine Übersiedlungsbeihilfe oder eine Förderung für die doppelte Wohnsitzführung kann sich Kopf vorstellen.

Nocker-Schwarzenbacher will über ein Kurzarbeitszeitmodell nachdenken, mit dem am Ende der Saison Mitarbeiter durch Reduktion der Stunden länger im Betrieb gehalten werden können. Auch das würde die Attraktivität der Tourismusarbeitsplätze erhöhen. Außerdem müsse man Barrieren abbauen, forderte
Burgstaller: So scheitere ein Job im Tourismus immer wieder an fehlender Kinderbetreuung oder an fehlenden öffentlichen Verkehrsmitteln. Burgstaller regte deshalb Shuttledienste der Betriebe für Mitarbeiter an.

Insgesamt kommt es im Tourismus vor allem auf das Personal an, das ist wichtiger als Investitionsdruck, Digitalisierung, Innovations- und Preisdruck, zeigt die Umfrage der KMU Forschung Austria unter 200 Betrieben. Wobei für zwei Drittel (64 Prozent) die Verfügbarkeit von Arbeitskräften das größte Problem ist, noch vor den Fachkenntnissen (59 Prozent).

Für den Tourismus mit viel Wochenend- und Abendschichten ist schon die drittgrößte "Herausforderung" bei der Aufnahme von Arbeitskräften "wachsende Ansprüche in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf" (55 Prozent). Knapp danach kommen Probleme mit der Sprache (51 Prozent). Mangelnde Mobilität nennen 30 Prozent der Befragten als Problem.

Wettbewerbsfähigkeit
Trotz Nächtigungsrekorden stehen viele österreichische Tourismusbetriebe vor Existenzproblemen, warnt Tourismus-Bundesspartenobfrau Petra Nocker- Schwarzenbacher. Die Ertragskraft der Betriebe sei stark unter Druck, wofür zwei Maßnahmen der Bundesregierung hauptverantwortlich seien: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Verlängerung von Abschreibungszeiten.

Derzeit gebe es zwar eine gewisse Entlastung durch die niedrigen Zinsen, dennoch koste die lange Abschreibungszeit die Tourismuswirtschaft insgesamt 150 Mio. Euro, rechnet Nocker-Schwarzenbacher vor. Ursache sei die "lebensfremde" Abschreibung über 40 Jahre, sagte Peter Voithofer von der KMU Forschung Austria. Denn kaum ein Gebäude bleibe 40 Jahre lang unverändert – damit würden "Scheingewinne versteuert". Allerdings sieht in einer Umfrage der KMU-Forschung nur ein gutes Drittel (35 Prozent) der Befragten negative Auswirkungen dieser Maßnahme.

Für 62 Prozent der befragten Tourismusbetriebe gibt es hingegen negative Auswirkungen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei Übernachtungen von 10 auf 13. In den Nachbarländern Italien (10 Prozent), Deutschland (7 Prozent) und Schweiz (3,8 Prozent) gelten deutlich niedrigere Sätze.

Die Tourismusbranche steht aber auch vor anderen Herausforderungen, zeigt eine Studie der KMU Forschung Austria. Etwa drei von vier Unternehmen sind Familienbetriebe und 40 Prozent werden bis 2030 an Nachfolger übergeben. Geregelt ist die Nachfolge in 60 Prozent dieser Betriebe. Etwa ein Drittel dürfte nicht in der Familie weitergegeben werden.