Bei BLÜN blüht das Geschäft

Zahlreiche Start-ups werden mit viel Enthusiasmus gegründet, der Erfolg lässt dann aber auf sich warten. Anders beim Wiener Start-up BLÜN, das in Wien-Donaustadt Fisch und Gemüse in einem geschlossenen Kreislauf produziert.

Der erste heimische „Aquaponik“-Betrieb BLÜN wurde im Oktober 2016 von vier jungen Land- und Forstwirten aus Wien gegründet. Eineinhalb Jahre nach der Unternehmensgründung stehen alle Zeichen auf „Erfolg“. BLÜN versorgt nicht nur Herrn und Frau Wiener mit heimischem Fisch und Gemüse, sondern beliefert mittlerweile auch namhafte Gastronomen der Bundeshauptstadt mit Wiener Wels und Wiener Barsch.

Wiener Spitzengastronomie setzt auf BLÜN-Fische
Peter Fallnbügl, Küchenchef im Heuer am Karlsplatz, ist ein Fan der ersten Stunde: „Sowohl der Wels als auch der Barsch passen zu 100 Prozent zu unserer Küchenlinie. Top-Qualität aus nachhaltiger Produktion, in Wien produziert und vertrieben. Dieses innovative Konzept hat mich voll überzeugt.“ Im Heuer stehen sowohl der Wiener Wels wie auch der Wiener Barsch in unterschiedlichen Zubereitungen auf der Karte. Und auch für Lukas Gstir, Küchenchef bei Silvio Nickol im Palais Coburg, sind die Fische von BLÜN eine Offenbarung: „Die Qualität der Welse und Barsche haben mich absolut überzeugt. Ich hatte bisher noch nicht mit Fischen aus Aquaponik gearbeitet, aber jetzt bin ich restlos überzeugt und der Wels findet sich bereits im Frühjahr auf unserer Karte.“ Die BLÜN-Gründer freuen sich über die Lorbeeren aus der Gastronomie. „Wenn Top-Köche von deinem Produkt begeistert sind, ist das ein großartiges Gefühl und auch eine Riesenbestätigung, dass das, was wir tun, nicht nur Spaß macht, sondern auch eine Top-Qualität hat“, erklärt Michael Berlin, einer der vier BLÜN-Gründer.

Umsatzerwartungen im ersten Jahr erfüllt
„Als wir im Jänner 2017 mit dem Bau der Anlage begonnen und im April dann die ersten Jungwelse gesetzt haben, hatten wir natürlich konkrete Pläne, aber dass wir nur eineinhalb Jahre später auch namhafte Wiener Köche von unserem Produkt begeistern, wagten wir da nicht zu träumen“, sagt BLÜN-Mitgründer Gregor Hoffmann. Und Bernhard Zehetbauer (ebenfalls BLÜN-Mitgründer) ergänzt, dass sich die für das erste Jahr recht optimistisch geplanten Umsatzzahlen erfreulicherweise erfüllt haben. In der BLÜN-Aquaponik-Anlage werden jährlich 12 Tonnen Fisch und 10 Tonnen Fruchtgemüse (Tomaten, Gurken, Paprika, Melanzani, Chili) produziert. „In Österreich liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch bei 7,5 Kilogramm im Jahr. Da ist noch Luft nach oben, wenn man betrachtet, dass weltweit rund 17 Kilogramm Fisch pro Kopf verzehrt werden“, sieht Hoffmann großes Potenzial für BLÜN und ergänzt, dass die Konsumenten immer häufiger wissen wollen, woher die Lebensmittel kommen, die auf ihren Tellern landen: „Offensichtlich haben wir mit heimischem Fisch, der in Wiener Hochquellwasser aufwächst, den Nerv der Wienerinnen und Wiener getroffen.“

Neue Vertriebskanäle
Seit einem Jahr können Herr und Frau Wiener ab Hof (Schafflerhofstraße 156, 1220 Wien) Wiener Wels und Wiener Barsch sowie Fruchtgemüse wie Tomaten, Paprika, Gurken, Melanzani oder Chili erstehen. Dank der neuen erweiterten Öffnungszeiten genießt man frische Lebensmittel zukünftig nicht mehr nur donnerstags (9 bis 17 Uhr) und freitags (9 bis 19 Uhr) sondern auch jeden Samstag von 9 bis 13 Uhr. Zusätzlich geht in Kürze auch der BLÜN-Onlineshop online. Außerdem gibt es die BLÜN-Produkte auch bei ausgewählten Handelspartnern wie „Meinl am Graben“. Für die Zukunft arbeitet das BLÜN-Vierergespann auch an einem Zustellkonzept. Ein Thema ist auch die Präsenz auf verschiedenen Wiener Märkten.

"Seit dem ersten Tag leben wir das Prinzip der Transparenz. Fast täglich führen wir Interessierte durch die Anlage“, erzählt BLÜN-Gesellschafter Stefan Bauer, in dessen Gartenbaubetrieb die Anlagen stehen. „Und das Schöne am Direktvertrieb ist, dass wir täglich Feedback zu unseren Produkten bekommen, und das fast immer positiv“, schmunzelt Bauer, der gemeinsam mit Betriebsleiter Philipp Filzwieser, einem Gewässerbiologen der BOKU Wien, die Anlage betreut.

Wie alles begann: die Entstehungsgeschichte
Die BLÜN GmbH wurde im Oktober 2016 gegründet und wie bei vielen Gründungen führte auch hier der Zufall Regie. Anfang 2016 haben sich Bernhard Zehetbauer und Michael Berlin auf die Übernahme der Geschäftsführung der Firma Zehetbauer Fertigrasen in Groß-Enzersdorf vorbereitet. „Wir haben uns gefragt, wo wir uns beruflich in 20 Jahren sehen“, beschreibt Michael Berlin diesen Prozess. „Nachhaltige und lokale Produktion, effizienter Einsatz von Ressourcen und die Produktion von gesunden Lebensmitteln waren die gemeinsamen Ziele. Das sind auch die Eckpunkte einer Kreislaufwirtschaft wie der Aquaponik, das hat unser Interesse daran geweckt.“ Bernhard Zehetbauer ergänzt: „Wichtig war uns außerdem eine weitgehende Unabhängigkeit von großen Handelspartnern und Lieferanten, von Banken und dem Agrar-Fördersystem.“

Ihr damaliger Agrar-Berater Gregor Hoffmann wurde in diese Gespräche auch mit einbezogen und hatte zum Thema Aquaponik einiges an Know-how und Erfahrung beizusteuern – und den Hinweis, dass er aus seiner Beratungstätigkeit den engagierten Gemüsebauer Stefan Bauer kenne, der sich ebenfalls für die Aquaponik interessiere und in einem Glashaus über Nutzfläche verfüge, die er gerne dafür anbieten würde.

Man lernte sich kennen, war sich sympathisch und beschloss das Thema gemeinsam zu verfolgen. In der Sondierungsphase besichtigten die Gründer in spe Aquaponik-Anlagen in Berlin, Zürich und Holland und absolvierten gemeinsam den Kurs „Warmwasserkreislaufsysteme“, um im Thema technisch firm zu sein. „Unser Anspruch als Unternehmer war es die technische Lösung Aquaponik in ein betriebswirtschaftlich fundiertes Konzept zu überführen, das auch am Markt mit Qualität und der Akzeptanz der Kunden bestehen kann“, beschreibt Gregor Hoffmann die Challenge der Planungsphase.

Was ist Aquaponik?
Aquaponik bezeichnet ein Verfahren, das Techniken der Aufzucht von Fischen in Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen in Hydrokultur verbindet. Bei einer Aquaponik Anlage handelt es sich immer um die Kombination einer geschlossenen Kreislaufanlage zur Fischproduktion und einer Hydroponikanlage zur Pflanzenzucht, zum Beispiel für Gemüse und Kräuter. D.h. bei dieser Form der Aquakultur wird das Abwasser gleich zur Düngung des Gemüses verwendet. Die Fisch- und die Gemüseproduktion werden quasi zusammengeschlossen.

Die BLÜN-Produkte aus der Aquaponik-Anlage
Die Wiener Barsche und die Wiener Welse werden in getrennten Becken gehalten. „Die Welse brauchen mehr Ruhe als die Barsche und auch Dunkelheit“, erklärt Stefan Bauer. Derzeit werden zwei Fischarten gehalten, „aber wir können uns auch vorstellen, noch andere Arten, die für eine derartige Form der Haltung geeignet sind, aufzunehmen“, ergänzt er. Die Fische leben sechs bzw. neun Monate in einem separaten Raum in der Gärtnerei, bis sie geschlachtet werden können. „Das Wasser läuft ständig im Kreislauf über einen Biofilter, der das Herzstück unserer Anlage ist. Jeden Tag geben wir rund zehn Prozent Frischwasser dazu und genauso viel Wasser pumpen wir ab. Dieses wird dann zum Bewässern und Düngen unseres Gemüses verwendet“, erklärt Stefan Bauer.

Der Wiener Barsch
Biologische Gattung: Oreochromis niloticus (Buntbarsch)
Schlachtreif sind die Fische ab circa 500 Gramm Lebendgewicht,
das entspricht in etwa 450 Gramm ausgenommenem, vertriebsfertigem Fisch. Der Barsch wird im Ganzen angeboten. Pro Jahr werden bei BLÜN rund 6,5 Tonnen produziert.

Der Wiener Wels
Biologische Gattung: Clarias gariepinus (Raubwels)
Die Fische werden mit einem Lebendgewicht von 1,3 Kilo geschlachtet. Der Wiener Wels wird in Filet-Form (etwa 200 bis 300 Gramm) angeboten. Die Produktionsmenge pro Jahr liegt bei etwa 5,5 Tonnen.

Gemüse-Produktion
Im 400 m2 großen vegetarischen Teil der Anlage kultiviert Stefan Bauer Melanzani, Gurken, San Marzano Tomaten, Paprika und Chili. Diese Kulturen brauchen ähnliche Temperaturen und können in einem geschlossenen System sehr gut parallel angebaut werden. An 35 Wochen im Jahr kann geerntet werden. Die Erntemenge pro Jahr beträgt etwa zehn Tonnen Gemüse. „Wir nutzen das gefilterte Wasser aus den Fischbecken zum Gießen und die aufbereiteten Exkremente der Fische als natürlichen Dünger. Deshalb können wir auf Herbizide und Fungizide komplett verzichten“, beschreibt Stefan Bauer die Anlage.

www.bluen.at