Erster Sternekoch weltweit verbannt Food-Fotos komplett aus seinem Portfolio

Radikaler Schnitt von Online bis zum Restaurant: Keine Food-Fotos mehr bei Amador. Der Sternekoch sagt: „Foodporn ist ein Betrug am Gast.“

Seine Küche gilt als kompromisslos und ebenso konsequent sagt Sternekoch Juan Amador nun auch den Food-Fotos den Kampf an: Mit dem heutigen Tag verbannt Amador sämtliche Bilder von Gerichten aus seinem kompletten Portfolio. Seine Gäste holt sich der Spitzenkoch als Verbündete ins Boot – sie sollen überzeugt werden, dem unsäglichen „Foodporn“ selbst entgegenzuwirken. Damit ist Amador der erste Sternekoch der Welt, der Food-Fotos komplett aus seinem Portfolio streicht.

„Food-Fotos sind heute zur härtesten Währung in der internationalen Gastronomie geworden. Sie sorgen für Fläche in den Printmedien, für Likes und Reichweite auf Social Media und für eine Vielzahl der weltweit besten Köche sind Food-Bilder sogar wie Visitenkarten. Eine oberflächliche Entwicklung, die der Gastronomie schadet“, sagt der aus Deutschland stammende Koch und Unternehmer, der seit 2016 in Wien das Restaurant Amador betreibt (2 Michelin Sterne, 18 Punkte Gault&Millau). „Denn“, so Amador weiter, „über das eigentliche Erlebnis eines Restaurantbesuchs sagt ein Food-Foto überhaupt nichts aus. Da geht es um Emotionen auf ganz anderen Ebenen: Geschmack, Ambiente, zwischenmenschliche Beziehungen. Diese müssen wir auch in der Kommunikation wieder in den Vordergrund stellen.“

Eine Entwicklung, die Amador schon lange kritisiert und daraus nun die Konsequenz zieht. Ab sofort werden sowohl auf der Homepage sowie auch auf den Social-Media-Kanälen keine Food-Fotos mehr zu finden sein. Zudem ergeht an sämtliche Medien die Bitte, vorhandene Food-Bilder von Juan Amador nicht mehr zu veröffentlichen.

Den Gästen im Restaurant wird erklärt, warum man bittet, auf das Fotografieren des Essens zu verzichten. Ein Verbot wird es jedoch nicht geben. Amador: „Von Verboten halte ich nichts, sie sind genau die falsche Message. Durch Hektik und Stress der heutigen Zeit sind die Menschen oft getrieben und fotografieren wie automatisch, ohne groß darüber nachzudenken, ob das einen Sinn macht. In Wirklichkeit betrügen sie sich selbst um die Magie des Genusses. Für die Dauer des Besuchs in unserem Restaurant geben wir den Gästen nun die Möglichkeit, sich von diesen antrainierten Zwängen zu befreien.“ Mobiltelefone können am Empfang abgegeben werden, bei eingehenden Anrufen werden die Gäste informiert.

Sportfotograf anstatt Food-Spezialisten
Anstatt der Food-Fotos setzt der Sternekoch vermehrt auf Stimmungs- und Detailfotografie, um das Restauranterlebnis auch visuell darzustellen. Für die aktuelle Fotoserie wurde dazu mit Markus Oberländer einer der besten Sportfotografen Österreichs engagiert. „Im Sport geht es darum, Emotionen festzuhalten. Und genau das wollen wir hier auch. Also haben wir uns bewusst für jemanden entschieden, der komplett aus einem anderen Bereich stammt.“ Im Laufe des Jahres will man dies auch mit Videos und Liveübertragungen aus der Küche ergänzen, für deren Umsetzung der bekannte Grazer Kameramann Philipp Lihotzky gewonnen werden konnte. Amador: „Wir sind uns bewusst, dass mit den Food-Fotos etwas wegfällt, womit sich die Leute gerne einen ersten Eindruck über uns machen. Deshalb werden wir in der Kommunikation nach außen einzelne Sinne verstärkt und auch ungewöhnlich ansprechen – vor allem das Hören.“

Unter Spitzenköchen selbst ist das Fotografieren von Gerichten schon lange ein No-Go. Das war aber nicht immer so. „Auch ich habe anfangs überall mein Handy draufgehalten, um mich an das eine oder andere Gericht eines Kollegen erinnern zu können“, so Amador. „Nur für die Erinnerung ist das Fotografieren völlig belanglos. Denn unser Gehirn hilft uns hier ja gut weiter: Hat uns das Gericht auf eine besondere Weise berührt, dann merken wir uns das automatisch. Da brauchst du kein Foto mehr dafür. Ich kann mich an Gerichte bis ins letzte Detail erinnern, die ich vor Jahren oder auch in meiner Kindheit gegessen habe.“ Und am Ende geht es genau darum. „Essen ist mehr als die bloße Aneinanderreihung von hübsch anzusehenden Gerichten. Es ist Emotion. Und die braucht keinen Filter.“

www.restaurant-amador.com