Grüne Kehrtwende im Tourismus

Regina Preslmair vom Österreichischen Umweltzeichen gibt Einblick, welche nachhaltigen Zukunftsperspektiven touristische Regionen in Österreich haben und was dafür getan wird.

Österreich ist auf dem Weg, sich weltweit als nachhaltigste Tourismusdestination zu positionieren. „Hinter dem Vorhang“ wurden bereits wichtige Weichen dafür gestellt: So haben sich 19 Regionen 2021 an einem Pilotprojekt beteiligt. Die Zielsetzung: Kriterien abzuleiten, wie sich Destinationen in Hinblick auf die Umwelt und ihre Bewohner verantwortungsbewusst entwickeln können. Angeheizt durch die Corona-Pandemie stehen im Tourismus alle Zeichen auf Veränderung. Denn im Zuge der Reiseplanung wird auf die nachhaltige Ausrichtung einer Destination nun besonders viel Wert gelegt beziehungsweise diese sogar als unverzichtbar eingeschätzt. In vielen österreichischen Regionen ist der Tourismus ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor. Mit dem steigenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimawandel liegt es auf der Hand, den Blick nicht nur auf einzelne Tourismusbetriebe und Reiseangebote zu richten: Wir brauchen ein ganzheitliches Umdenken auch auf Destinationsebene.

Tourismusregion Nassfeld-Pressegger See / Lesachtal / Weissensee © Köstl Gerald / NLW Tourismus Marketing GmbH

Krisenfeste Zukunftspläne

Eine umfassende Nachhaltigkeit, die ökologische, wirtschaftliche, soziale und sogar kulturelle Aspekte umfasst, bildet die Basis, um den Tourismus krisenfester weiterzuentwickeln. Dabei spielt die Einbindung der Bevölkerung eine zentrale Rolle. Für eine Neupositionierung sind die Einheimischen unbedingt mit an Bord zu holen, weil sie Veränderungen entscheidend mittragen. Es sind viele Stellschrauben, an denen man drehen kann, um eine Destination nachhaltiger zu gestalten. Das reicht von der Entwicklung umweltfreundlicher Mobilität über die Energiegewinnung bis zu Konzepten, wie man Ideen zur Kreislaufwirtschaft stärker in der regionalen Wirtschaft integrieren kann. Der Tourismus steht dabei als Impulsgeber im Mittelpunkt – es ist jedoch die gesamte Destination, die dabei involviert wird. Es geht nicht nur um die Reisenden, die ihren Urlaub oder ihre Freizeit dort verbringen, sondern auch um die Menschen, die in der Region leben und arbeiten. Gemeinsam mit Interessensvertretern auf lokaler und regionaler Ebene sollen Entwicklungsmöglichkeiten ausgelotet werden. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass damit beispielsweise das Bahn- und Busangebot auf einen Schlag ausgebaut werden kann. Bestehende Angebote können oft viel besser kommuniziert und für fehlende Bereiche flexible Alternativangebote erstellt werden.

Wagrain-Kleinarl © Wagrain-Kleinarl-Tourismus / Eduard-Gellner

Nachhaltig und wirtschaftlich

Die Conclusio: Wir müssen weg von dieser alteingesessenen Mentalität „immer mehr und immer größer“ – besonders bei der Positionierung von Skigebieten. Anstatt mit endlos langen Pistenkilometern zu werben, die oft auch einen immensen Einschnitt in die Natur bedeuten und Skifahrer massenhaft anziehen müssen, könnten sich einige Skigebiete neu erfinden. Der Trend zum Tourengehen und Schneeschuhwandern als Reaktion auf die überfüllten Pisten hat sich in manchen Gegenden bereits durchgesetzt. Eine nachhaltige Reisedestination im Winter ist zum Beispiel der Weissensee: Die Mischung aus kleinem Skigebiet, weitläufigen Langlaufloipen und dem See selbst als größte Natureisfläche Europas ist für Gäste attraktiv. Man kann bequem und klimaschonend mit dem Zug anreisen und wird vom Bahnhofsshuttle abgeholt. Auch Lackenhof hat die Chance, sich mit einem neuen Tourismuskonzept sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch nachhaltig zu positionieren.

Kufsteinerland © Kufsteinerland

Mit den Umweltzeichen- Kriterien für nachhaltige Tourismusdestinationen, die 2022 veröffentlicht werden, wollen wir Rahmenbedingungen für ein zukunftsfähiges Zusammen(er-)leben zur Verfügung stellen.

Zur Person:

Dr. Regina Preslmair, Abteilung Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Technologie, Österreichisches Umweltzeichen (BMK)

Regina Preslmair ist Expertin aus dem Bereich Betrieblicher Umweltschutz und Technologie im Österreichischen Klimaschutzministerium. Sie ist beim Österreichischen Umweltzeichen und beim Europäischen Ecolabel für die Themen Umweltzertifizierung und Ökomarketing zuständig. Ihre aktuellen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Tourismus und Freizeitwirtschaft, Green Meetings und Events sowie Grüne Museen und Green Film-Producing. Als studierter Volkswirtin und Agrarökonomin ist ihr nachhaltiges Wirtschaften auf betrieblicher sowie überbetrieblicher Ebene ein besonderes Anliegen.

Das Österreichische Umweltzeichen

Seit mehr als 30 Jahren eine verlässliche Orientierungshilfe im Umwelt- und Klimaschutz

Im Tourismussektor steht das Österreichische Umweltzeichen für konsequente nachhaltige Betriebsführung in ausgezeichneten Hotels, Gastronomiebetrieben, Campingplätzen und Schutzhütten sowie bei den verschiedensten Veranstaltungen, die als Green Meeting oder Green Event organisiert werden.

Für die Österreicherinnen und Österreicher bedeutet das Österreichische Umweltzeichen eine Garantie für umweltfreundliche Produkte und trägt zum leichteren umweltfreundlichen Einkauf bei. Produkte und Dienstleistungen, die diese Auszeichnung erhalten, erfüllen strenge Umweltkriterien, die durch ein unabhängiges Gesamtgutachten nachgewiesen werden müssen. Ausgezeichnete Schulen, Kindergärten und Bildungseinrichtungen stehen für eine neue Qualität in der Bildungsarbeit. Ihnen allen ist Klimaschutz und gelebte Nachhaltigkeit ein wichtiges Anliegen. Insgesamt gibt es bereits 1.100 Lizenznehmer aus den verschiedensten Branchen, die die dynamische Entwicklung und hohe Akzeptanz des Öko-Siegels unterstreichen. www.umweltzeichen.at