Susanne Kraus-Winkler: Auch Betriebe müssen sich wegen Personalmangels ändern

Die Tourismusstaatssekretärin sieht insgesamt viele Stellschrauben, um Mitarbeiter zu lukrieren. Darunter fällt unter anderem auch die Absenkung des Deutsch-Sprachlevels für bestimmte Berufe.

Die Buchungslage in Tourismusorten ist derzeit trotz oft fehlenden Schnees „sehr gut“, sagt Tourismusstaatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA): „Die Klimaerwärmung ist zwar eine Herausforderung, aber ich warne vorm Schwarzmalen.“ Neben dem Klima bleibe der Arbeitskräftemangel eine große Herausforderung im Tourismus. Man brauche ausländische Mitarbeiter, auch die Betriebe müssten sich ändern. Die Tourismusförderung werde neu ausgerichtet. Für Chinesen sollen EU-Regeln gelten.

„Wir brauchen mehr Leute“, erklärt Kraus-Winkler zum Arbeitskräftemangel. Dieser ist ihr zufolge auch einem steigenden Dienstleistungsanteil dank neuer Angebote in der Beherbergung geschuldet, da es immer mehr Betriebe der höheren Kategorien gebe. So gebe es derzeit um 4.000 offene Stellen mehr als im letzten – und starken – Vor-Corona-Tourismusjahr 2019. Arbeitslos gemeldete gebe es hingegen um 5.000 weniger, stützt sich Kraus-Winkler auf AMS-Daten.

Die neue Generation habe neue Vorstellungen zu Wochenarbeitszeit, Überstunden, Teildiensten und Co. „Wir sind in einer totalen Veränderungsphase am Arbeitsmarkt aufgrund eines Gesellschaftswandels, angefeuert von Corona. Darauf müssen wir in vielerlei Hinsicht reagieren“.

So spricht sich Kraus-Winkler im APA-Interview im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Karte für ein Herabsetzen des Deutsch-Sprachlevels „in manchen Berufen“ aus, „wo es nicht notwendig ist, dass man gut Deutsch spricht“. Es sei etwa nicht verständlich, dass ein Koch aus Griechenland als EU-Bürger sehr wohl hier arbeiten könne ohne Deutsch zu sprechen, aber ein Koch aus Argentinien nicht – obwohl in der Küche Französisch eine wichtige Fachsprache und Englisch insgesamt sehr bedeutend sei. Auch in den Bereichen Backoffice, Etage, Controlling sei es vorstellbar, dass das Deutschlevel gesenkt werden könne. Im Service sei dies schwieriger, aber auch hier gebe es Betriebe, wo Englisch besonders wichtig sei. Österreich könne den Arbeitskräftebedarf schon alleine ob seiner Größe nicht alleine stemmen, daher brauche es Arbeitskräfte aus dem Ausland.

Auch die Betriebe selbst müssten aber reagieren und auf neue Bedürfnisse potenziell Mitarbeitender reagieren. Dazu müssten sie aber ihre Organisationsstruktur ändern, und dafür seien nicht alle bereit. „Jene, die offen sind, tun sich leichter. Kleinere Firmen, wo vielleicht noch älteres Denken vorherrscht, tun sich schwerer“. Es gehe auch um die Führungskultur auf Abteilungsleiterebene. „Ein Küchenchef, der immer nur Stress macht, wird sein Team nicht halten“, meint Kraus-Winkler.

Es brauche aber nicht nur strategische Änderungen auf Betriebsebene. „Wir wollen auch die Ausbildung modernisieren“, kündigt die Tourismusstaatsekretärin gegenüber der APA an. Mit dem Bildungsministerium laufen Gespräche zur Aktualisierung der Lehrpläne in Tourismus- und -Berufsschulen. Hier gehe es unter anderem um Lehrkräfte-Fortbildungen, Digitalisierung, und Nachhaltigkeitsthemen. „Aber Lehrpläne brauchen Zeit. Mein Wunsch wäre, dass das ab 2024 gelten kann“. Signale aus dem Bildungsministerium deuten aber auf 2025 hin.

„Das sind keine leichten Themen. Vieles ist fest eingefahren“, bedauert Kraus-Winkler: „Aber man muss die Augen öffnen in Zeiten wie diesen und es muss möglich sein, darüber zu sprechen.“ Etwa gehöre auch hinterfragt, ob Lehrbetriebe dank eines Feststellungsbescheides weiter ausbilden dürfen, auch wenn sie ihr Geschäftsmodell ändern. Auch wenn sie „aneckt“, wolle sie das thematisieren.

„Auch früher gab es oft Winter mit wenig Schnee“, versuchte Kraus-Winkler, angesprochen auf die Klimaerwärmung, zu relativieren. „Sicher ist die Klimaerwärmung eine gewisse Herausforderung im Vergleich zu früher“, räumte sie ein. Aber Ende Dezember/Anfang Jänner gebe es oft wenig Schnee, daher solle man „jetzt nicht Schwarzmalen“. In der Höhe herrsche auch derzeit oft eine gute Schneelage. Auch die Pistenpräparierung sei in österreichischen Skigebieten Weltklasse.

Nach den Weihnachtsferien gibt es aber wohl „das übliche Jännerloch“, weiß die Touristikerin und Politikerin. Von Mitte Dezember bis zum Ende der Weihnachtsferien werden ihren Angaben zufolge etwa ein Drittel der Winterumsätze erwirtschaftet. Im Februar und März kämen weitere zwei Drittel dazu.

Eine Herausforderung sei, besonders im Lichte des Klimawandels, das immer kurzfristiger Buchungsverhalten. Die potenziellen Touristen schauen, wo das Wetter und/oder die Schneelage am besten passt.

Das Thema Klimawandel gehöre „strategisch auf Basis der Wissenschaft“ angegangen. Im Worst-Case-Szenario werde bis 2050 ein Temperaturanstieg von 1,4 °C in den Bergen erwartet. Das bedeute einen Anstieg der Schneegrenze von etwa 200 Meter vom heutigen Status quo. „Ab 1.700 Meter erwarten wir relativ stabile Winter, tiefer gelegene Skigebiete werden aber ein anderes Geschäftsmodell brauchen“, prognostiziert Kraus-Winkler. Betroffen sei der gesamte Alpenraum.

Hierzulande werde man den tiefergelegenen Gebieten „Schritt für Schritt“ bei der Angebots- und Produktentwicklung helfen. Lägen sie nahe von höher gelegenen Gebieten, böten sich Transfers an. Seien sie allein auf weiter Flur, „dann muss man überlegen, wie man weiter vorgeht“. Die Schwierigkeit dabei: „Es gibt gute Winter, dann hofft man wieder.“ Jedenfalls brauche es auch landespolitische Strategien.

Das Staatssekretariat will man noch im Jänner eine neue gewerbliche Tourismusförderung ausgerichtet auf Nachhaltigkeit präsentieren, kündigt Kraus-Winkler an. Bis Ende des ersten Quartals solle diese noch in Kraft treten. „Der Tourismus soll seinen wichtigen Platz in der österreichischen Wirtschaft zukunftsorientiert behalten“, so die Expertin.

Im Zusammenhang mit Touristen aus China, forderte Kraus-Winkler von der EU ein einhelliges Vorgehen. Eine gute Teststrategie mache Sinn. „Die Kirche gehört aber im Dorf gelassen“. Die meisten Chinesen kommen im Sommerhalbjahr nach Österreich, bis dahin sollte sich die Lage auch in China wieder etwas beruhigt haben.

Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler