Die Schattenseiten des Gastgewerbes: Betrug in Restaurants & Hotels

2016 waren laut DEHOGA Bundesverband fast 1,9 Mio. Menschen im Gastgewerbe beschäftigt, so viele wie nie zuvor. Sie erwirtschafteten einen Netto-Umsatz von knapp 81 Milliarden Euro. Eindrucksvolle Zahlen, die zeigen: Das Gastgewerbe ist und bleibt eine der wirtschaftlich bedeutendsten Branchen der Bundesrepublik.

Gelegenheit macht Diebe
Doch genau wie in anderen Branchen gibt es auch hier schwarze Schafe, die der Versuchung nicht widerstehen können und zumindest einen Teil des Geldes vorbei am Fiskus in die eigene Tasche umleiten. Das Spektrum reicht dabei vom Kellner, der sich das Geld für einen irregulär gebuchten Kaffee einsteckt, bis hin zum Inhaber, der bei der Mehrwertsteuer schummelt. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, Experten des Bundesrechnungshofs gehen aber davon aus, dass dem Staat durch Diebstahl, Betrug und Manipulation in Gastgewerbe und Handel jedes Jahr bis zu zehn Milliarden Euro durch die Lappen gehen.

Selbst genehmigtes Zubrot
Es stimmt: Der Beruf des Kellners ist – das bestätigt eine Langzeitstudie der „Southern Medical University“ in China – der stressigste Job der Welt. Und auch die Bezahlung ist hierzulande trotz Mindestlohn noch längst nicht überall berauschend. Dennoch dürfen diese Missstände nicht als Ausrede für kriminelles Verhalten gelten: Betrug ist auch im Gastgewerbe kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.

Zu wenig Kontrollen
Doch es sind keineswegs immer nur die Kellner oder Barkeeper, die schummeln: Auch Inhaber erliegen manchmal der Versuchung, die fällige Steuer am Fiskus vorbeizuschleusen. Ihnen kommt entgegen, dass es von staatlicher Seite zu wenige Prüfer gibt. Kleinstbetriebe zum Beispiel müssen laut Statistik des Bundesfinanzministeriums nur alle 100 Jahre mit dem Besuch eines Kontrolleurs rechnen.

Für beide – Chefs und Angestellte – gilt gleichermaßen, dass sie mit solch einem Verhalten nicht nur die Gäste, sondern immer auch sich selbst, ihren Betrieb und die gesamte Branche schädigen. Um ebensolche Straftaten zu verhindern, wurde eigentlich die Registrierkasse erfunden. Doch sowohl sie als auch ihre modernen Nachfolger lassen sich durch immer ausgeklügeltere Methoden gepaart mit beachtlicher krimineller Energie austricksen.

Dieses Whitepaper soll Gastronomen einen Überblick geben, welche unterschiedlichen Arten von Betrug im Gastgewerbe verbreitet sind – und wie man ihnen effektiv entgegenwirken kann.

So gefährden schwarze Schafe den Ruf der Branche
Gefälschte Rechnungen, minderwertige Ware: In schöner Regelmäßigkeit werden Verbraucher von alarmierenden Medienberichten über betrügerische Wirte aufgeschreckt. Die zum Teil krassen Beispiele lassen schnell den Eindruck entstehen, in diesem Geschäftsfeld sei Betrug Teil des Systems. „Ja, auch in der Gastronomie gibt es Mittel und Wege zu betrügen“, bestätigt Branchen-Insider Jean Georges Ploner. Er betont aber ausdrücklich, dass hier keineswegs öfter betrogen werde als in anderen Bereichen: „Wir gehen davon aus, dass nur ein Bruchteil – weniger als 10 Prozent – der Gastronomen schummeln. Das ist branchenübergreifend ein normaler Wert.“ Nichtsdestotrotz ärgert ihn die kriminelle Minderheit sehr: „Diese wenigen schwarzen Schafe gefährden den guten Ruf unserer gesamten Branche.“ Deshalb ist es Ploner wichtig, über das Thema aufzuklären. Hier bewertet er die häufigsten Betrugsmanöver in der Gastronomie:

Pseudo-Belege
Mal heißen sie Rechnungsentwurf, mal Zwischenbeleg, mal Vorabrechnung. Die Rede ist von Rechnungen, die gar keine sind. Sie werden dem Gast zwar vorgelegt, der Betrag wird aber gar nicht in die Kasse eingegeben – und läuft somit unter dem Radar des Finanzamtes. So kann der Wirt die Einnahmen abends verschwinden lassen und Steuern sparen. Möglich ist dies, weil die wenigsten Gäste eine Rechnung verlangen und hierzulande auch keine Pflicht zum Vorlegen eines Beleges besteht. Das machen unsere Nachbarn ganz anders: In Italien beispielsweise sind Gäste dazu verpflichtet, die Rechnung nicht nur mitzunehmen, sondern sie auch bei Kontrollen in der Nähe des Lokals vorzuzeigen.

Kassenmanipulation durch Phantomware
Hierbei handelt es sich um Hightech-Spezialsoftware zum Frisieren von Kassen. Die Mogelprogramme werden per USB-Stick an eine Kasse angeschlossen und ermöglichen es dem Trickser, die Kassensoftware beliebig zu steuern. So kann er die Aufzeichnungen der Kasse später verändern oder genau einstellen, um wie viel Prozent der Umsatz nach unten geschraubt werden soll. Manchmal werden diese Kleinprogramme sogar von Kassenhändlern unter der Hand angeboten. Im Saarland erhielten vor kurzem zwei Betrüger für diese Masche eine Gefängnisstrafe. Auch hier sind uns andere Länder voraus: In Belgien gibt es nur noch sogenannte weiße Kassen. Jede Registrierkasse muss an eine vorgegebene Schnittstelle, die Blackbox, angeschlossen werden, in die eine von der Finanzverwaltung kostenlos ausgegebene Smartcard eingelegt wird. Diese signiert die Verkaufsdaten; die Blackbox speichert parallel zur Kasse einen Teil der Transaktionsdaten. Auf diese Daten können Prüfer dann über eine SD-Karte zugreifen.

Trainingskellner
Ein ganz alter Trick, mit dem das Kassensystem überlistet werden soll: Alle Buchungen auf diesem Schlüssel werden nicht auf den Gesamtumsatz kumuliert. Dieses Betrugsmanöver ist Finanzbeamten schon lange bekannt. In der Vergangenheit gab es bereits zahlreiche Fälle, in denen die Trickser von unfreiwilligen Mitwissern – ehrliche Kollegen und auch der Kassenhändler – enttarnt wurden.

Ausbuchungen
Buchen und dann sofort wieder ausbuchen: Bei alten Kassen funktionierte diese nicht sehr ausgefeilte Technik noch ganz gut. Zum Glück ist das heute deutlich schwieriger: Die Möglichkeit für jederzeitiges Abfragen und Auswertungen in Echtzeit lassen kaum Spielraum für derartige Manöver.

Minderwertige Ware
Ja, die Margen in unserer Branche sind zum Teil sehr gering. Dennoch habe ich kein Verständnis dafür, wenn sich Unternehmer durch den Verkauf minderwertiger Waren die Taschen füllen wollen. Garnelen statt Scampi, Billig- statt Edelfleisch, Pangasius statt Seezunge: Den Gast zu betrügen, nur weil der sich nicht auskennt, ist widerwärtig. Leider sind drakonische Strafen hier nur sehr schwer umzusetzen.

Betrug bei Fast-Food-Ketten
Würde die Regierung endlich alle gastronomischen Leistungen einheitlich mit sieben Prozent Umsatzsteuer belegen, wäre diese Masche obsolet. Stattdessen profitieren hier große Fast-Food-Ketten sowie Bäcker und Metzgereien davon und können quasi nach Belieben selbst bestimmen, was wie boniert wird. Ist der Betrug dann enttarnt, wird er einfach als Fehler des Mitarbeiters oder des Franchisenehmers ausgegeben. Die Finanzverwaltung spricht von über 200 Millionen Euro, die auf diese Weise jedes Jahr am Fiskus vorbeigeschleust werden.

Ploners Fazit: „Es ist überfällig, dass die Politik endlich die zahlreichen Schlupflöcher für Betrüger in unserer Branche schließt und stattdessen vernünftige Rahmenbedingungen schafft, die ehrlichen Gastronomen das Leben erleichtern.“

Download des Whitepapers

www.gastrofix.com